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Die Bergakademische Disziplinarbehörde war eine eigenständige akademische Gerichtsbarkeit und hatte ab 1843 die Möglichkeit, alle Studierenden der Bergakademie für Vergehen zu bestrafen. Als solche galten beispielsweise Unfleiß beziehungsweise unentschuldigtes Schwänzen, Vernachlässigung der praktischen Kurse, Randale, Prügelei, Beleidigung, Bittstellerei an den Professor (Geld leihen), Auflauf, Landfriedensbruch, demokratische Umtriebe. Die Karzerstrafen bewegten sich zwischen einem und 14 Tagen. Die einfache Karzerstrafe ging "je von früh 6 Uhr bis Abends 8 Uhr", geschärfte Karzerstrafe dauerte "zugleich über Nacht ohne Unterbrechung".

1842 erfolgt die Zuweisung eines geeigneten Bodenraumes, von 1843 liegt ein Kostenvoranschlag für den Bau eines Karzers in der Akademiestraße 6 vor, den die Zimmermeister Stecher und Schroth mit 100 Talern beziffern. Der bis heute erhaltene Karzer ist offensichtlich im Zuge einer späteren Aufstockung der Haupt- und Nebengebäude der Bergakademie in das dritte Obergeschoss verlegt worden.

Auskunft über dessen Benutzung gibt das "Karzerbuch", in das sich jeder Delinquent einzutragen hatte. Als erster Student musste Rudolph Eduard Gerlach aus Freiberg 1851 vom 25. Juli 8 Uhr früh bis 27. Juli 8 Uhr abends wegen "Postscandal" in den Karzer. Er hatte die Scheibe des Postwagens eingeschlagen. Gerlach war später von 1864 bis 1872 Lehrer für Bergrecht an der Bergakademie und Geheimer Finanzsekretär in Dresden. Der letzte Eintrag im August 1872 stammt von Enrique Astaburaga aus Chile, der sich nach Randalieren in der Stadt der Festnahme durch die Nachtpolizisten widersetzte, einem Ordnungshüter ein blaues Auge verpasste und dafür 14 Tage "einfachen Karzer" absaß.

Das Mobiliar des Karzers bestand aus Tisch, zwei Stühlen, einem Bett mit Strohsack und einem gusseisernen Ofen. Im Vorraum befand sich eine Abortanlage. Über einen Klingelzug konnte der Karzerdiener gerufen werden, der auch das Essen brachte. Die Verpflegung im Karzer war nach einer Karzerordnung geregelt. Insgesamt verbrachten 48 Studenten einen Teil ihrer Freizeit im Karzer, darunter 32 Deutsche (davon 13 aus Sachsen) und 16 Ausländer. Sie kamen aus Amerika (6), Frankreich (2) und je einer aus Böhmen, Belgien, Chile, Kalifornien, England, Luxemburg, Norwegen und Spanien.

Die besondere Attraktivität des Freiberger Karzers in heutiger Zeit besteht vor allem in den zahlreichen Wandbemalungen und Inschriften im Schlaf- und Wohnraum. Die von den Insassen hinterlassenen Bilder, Symbole der Corps und Verbindungen, Porträtzeichnungen, Namenszüge und humorvollen Verse dokumentieren eindrucksvoll und mit viel Humor studentisches Alltagsleben jener Zeit.

Besichtigungen

Für einen Übergangszeitraum noch unbestimmter Dauer besteht derzeit für das Historicum ausschließlich die Möglichkeit Besichtigungstermine zu vereinbaren. Öffnungszeiten, die sich aus besonderen Anlässen des universitären Lebens ergeben werden und aus deren Anlass die Öffentlichkeit Zugang bekommen wird, werden rechtzeitig bekannt gegeben. Der Eintritt beläuft sich auf 3 Euro, ermäßigt zwei Euro. Für eine Führung ist zusätzlich der Betrag von 25 Euro zu entrichten. Für Fotographien und den Gebrauch ähnlicher Speichermedien ist eine Fotoerlaubnis erforderlich (3 Euro). Gültig ist diese nur für den rein privaten Gebrauch der Aufnahmen.

Ein Besuch der Clemens-Winkler-Gedenkstätte und des Karzers ist jeweils nach Voranmeldung möglich. Der Preis für eine dafür erforderliche Führung beläuft sich nach derzeitigem Stand (Dezember 2019) auf 25 Euro. Die maximale Gruppengröße für den Karzer beträgt aus denkmalpflegerischen Gründen 6 Personen für 30 Minuten Aufenthalt im Karzer.

Leiter und Ansprechpartner

Dr. Norman Pohl
Silbermannstraße 2
09599 Freiberg
Tel: 03731 39-3491
Mail: Norman [dot] Pohl [at] iwtg [dot] tu-freiberg [dot] de

Besuchsanschriften der Einrichtungen

Historicum
Nonnengasse 22
09599 Freiberg

Clemens-Winkler-Gedenkstätte
Brennhausgasse 5
09599 Freiberg

Karzer
Akademiestraße 6
09599 Freiberg