Wilhelm August Lampadius (1772 — 1842)

Professor für Metallurgische Chemie von 1794 bis 1842 und Chemiker am Oberhüttenamt. Der Pfarrerssohn studierte nach der Apothekerlehre Chemie, Physik und Technologie in Göttingen. Lampadius entdeckte 1796 den Schwefelkohlenstoff. 1796/97 richtete er das erste studentische Praktikumslabor der Welt in der Akademiestraße 6 (heutige Lampadius-Klause) ein. Von ersten Versuchen zur Entgasung von Holz und Steinkohle (1796) und ab 1799 zur Leuchtgasherstelllung schuf Lampadius letztlich 1811/12 die erste Gasbeleuchtung auf dem europäischen Kontinent. Mit einer Gaslaterne an seinem Wohnhaus in der Ficherstraße 6 beleuchtete er die erste Gasse in Freiberg. Danach wurde 1816 eine Gasanstalt in Halsbrücke zur Beleuchtung des Hüttenwerkes gebaut, die bis 1895 in Betrieb war.

Werdegang

Wilhelm August Lampadius kam am 8. August 1772 in Hehlen an der Weser als Sohn eines Leutnants zur Welt. Nach der Apothekerlehre in Göttingen schrieb er sich als Student der Chemie an der dortigen Universität ein. Zu dieser Zeit war er bereits im Eisenhüttenwerk Radnitz tätig. Dort besuchte ihn Abraham Gottlob Werner, um dessen Eignung für eine Bewerbung an der Bergakademie zu prüfen, denn in Fachkreisen genoss der 22-jährige Lampadius bereits hohes Ansehen. 1794 berief man ihn als Professor für metallurgische Chemie an die Bergakademie und ernannte ihn zum Chemiker am Oberhüttenamt. Neben Werner entwickelte sich Lampadius schnell zu einem der bedeutendsten Lehrer an der Bergakademie in dieser Zeit.

Berufung an die Bergakademie

Wilhelm August Lampadius (1772-1842) wurde 1794 an die Bergakademie berufen. Als Professor für Chemie und Hüttenkunde richtete er 1797 in Freiberg eines der ersten chemischen Hochschullaboratorien ein. Im Ergebnis seiner Forschungen zur Leuchtgasherstellung schuf Lampadius 1811/12 in Freiberg die erste Gasbeleuchtung auf Steinkohlenbasis auf dem europäischen Kontinent.

Lampadius genoss den Ruf als vielseitig interessierter Wissenschaftler. Zu seinen bekanntesten Leistungen gehört die Entdeckung und Darstellung des Schwefelkohlenstoffes im Jahre1796. Ihm ist es zu verdanken, dass 1797 das erste chemisch-metallurgische Laboratorium an der Bergakademie errichtet wurde. Dort konnten Studenten selbstständige experimentelle und analytische Arbeiten ausführen. Diese moderne Einrichtung interessierte auch Johann Wolfgang von Goethe, den Lampadius am 26. September 1810 persönlich durch das Labor führte.

Erste Gasbeleuchtung auf dem europäischen Kontinent

Bereits 1799 unternahm Lampadius erste Versuche zur Leuchtgasherstellung. 1811/12 errichtete er eine Gasbeleuchtung an seinem Haus in der Fischerstraße 6, wobei er zunächst zur Probe einen Steinkohlen-Thermolampen-Ofen nutzte. Eine historische Nachbildung seiner Gaslaterne befindet sich heute an seinem ehemaligen Wohnhaus am Obermarkt, Ecke Kirchgäßchen. Im November 1815 erhielt Lampadius vom Oberberghauptmann Heinrich von Trebra den Auftrag, auf Steinkohlenbasis eine Gasbereitungsanlage zu errichten und mit dem erzeugten Gas die Beleuchtung des Amalgamierwerkes in der Halsbrücker Hütte zu gewährleisten. Nach mehreren Versuchen ging die Anlage 1816 erfolgreich in Betrieb. Jedoch kam es wenige Wochen später durch ein Versehen bei der Bedienung zu einer Explosion und zur Zerstörung des Gasometers. Bereits sechs Wochen später genehmigte allerdings der sächsische König die Mittel für eine neue, verbesserte Anlage, die dann über 60 Jahre in Betrieb war.

 

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Wilhelm August Lampadius
Wilhelm August Lampadius (1772 — 1842)

… eine Art Mittelpunkt chemischer Kenntniß in Sachsen – das neue Chemielabor von 1797

Sollte er seine Laborarbeit im Britischen Innenministerium verrichten? Diese Frage stellte sich für Wilhelm August Lampadius nach seiner Berufung an die Bergakademie Freiberg nicht wirklich, wäre doch wohl kaum einer der englischen Sprache mächtigen Zeitgenossen auf die Idee verfallen, einen Arbeitsplatz zu Hause als „Home office“ zu bezeichnen. Und eben diese Situation schien Lampadius veränderungsbedürftig, und zwar mit äußerster Dringlichkeit. Die Vorstellung, eine größere Gruppe von Studenten in seiner Wohnung zu empfangen und in beengten Verhältnissen chemisch-praktisch mit den jungen Leuten zu arbeiten, wirkte auf den jungen Professor wohl wenig anziehend. Auch die Störung des hüttenmännischen Betriebes, um der Ausbildung zweckdienliche Experimente gleich vor Ort durchzuführen, sozusagen im passenden Ambiente, war nicht zukunftsweisend. 

Seine an auswärtige, vor allem schwedische Vorbilder angelehnten Vorschläge fanden schließlich Akzeptanz, und so stand mit dem 1797 fertig gestellten Laboratoriumsgebäude im Hinterhof des bergakademischen Hauptgebäudes schließlich eine moderne Ausbildungsstätte als integraler Bestandteil des montanwissenschaftlichen Bildungskanons zur Verfügung. Dass es sich damit habe es sich um das erste Chemielabor an einer Hochschule weltweit gehandelt habe, ist eine Falschbehauptung. Dieses entstand an der Philipps-Universität in Marburg 190 Jahre früher. Doch bei dem Lampadius’schen Laboratorium handelt es sich um das erste Chemielabor an der Bergakademie. Universitäten andernorts zogen teilweise erst sehr viel später mit entsprechenden Einrichtungen nach, so Jena und Leipzig, aber die im Zuge der napoleonischen Kriege aufgehobenen Universitäten besaßen andererseits auch schon eigenständige Laboratorien.

Das neue Labor entstand bewusst an dieser Stelle, um die Wege zwischen Hauptgebäude und Oberbergamt zu verkürzen. Forderungen der Landesregierung, aus Gründen der Kostenersparnis auf das erste Geschoss zu verzichten, traten Lampadius und Abraham Gottlob Werner erfolgreich entgegen. 

Ungeachtet des neuen Laboratoriums experimentierte Lampadius für sich weiterhin zu Hause. Claus Priesner wies überzeugend darauf hin, dass die vielfach gefeierte „erste kontinentaleuropäische Straßenbeleuchtung in der Fischergasse“ wohl weniger dem Drang geschuldet war, der Freiberger Bürgerschaft einen sicheren Weg in der umgebenden Dunkelheit zu weisen, sondern dass der eigentliche Grund in einer sicheren Abführung und nachfolgenden Verbrennung der in Lampadius‘ Wohnzimmer bei seinen Experimenten der Trockendestillation entstehenden Abgase zu sehen war. Nach Albert Einstein soll man Experimente einfach machen, aber nicht zu einfach: der Brand der auf dem Amalgamierwerk in Halsbrücke von Lampadius eingerichteten Gasbeleuchtung zeigt, dass die kurze Ableitung der noch heißen Abgase aus Lampadius Zimmer gleichermaßen glücklich wie unbewußt ein Verstopfen der Abgasleitung durch teerartige Kondensationsprodukte vermied.

In den 48 Jahren seines Wirkens an der Bergakademie Freiberg, von 1794 bis zu seinem Tode, schuf Lampadius noch ein weiteres Laboratoriumsgebäude für die chemische Forschung und Lehre, das heute in der Brennhausgasse 5 unter anderem die Clemens-Winkler-Gedenkstätte beherbergt.

 

 

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Metallurgisches Laboratorium 1794
Ansicht des 1794 im Hof der Bergakademie errichteten Mettlurgischen Laboratoriums, das nach den Vorstellungen von Prof. Wilhelm August Lampadius ausgestattet wurde