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Herzstück der Walzanlagen am Institut für Metallformung ist eine mehrgerüstige Konti-Walzanlage zur Simulation realer Warmwalzprozess für Flach- oder Langprodukte im Labormaßstab. Ähnlich wie bei der Konzeption des SACK-Versuchswalzwerkes wurde auch bei der Projektierung und Realisierung der Konti-Walzanlage auf einen möglichst universellen Aufbau und die Möglichkeit zur Realisierung vielfältiger Aufgaben großer Wert gelegt. So lässt sich die Anlagen sowohl in Draht- als auch in Flachkonfiguration betreiben und ermöglicht eine industrienahe Erforschung des Walzprozesses mit bis zu vier (Flach) bzw. fünf (Draht) Einzelgerüsten in Kontianordnung.

Als Ergebnis stellt die 1980 in Betrieb genommene, Anfang der 2000er Jahre letztmalig modernisierte Anlage heute einen integralen Bestandteil des Institutes und ein wichtiger Grundbaustein für eine moderne, praxisnahe Ausbildung und Forschung am Institut für Metallformung dar und ermöglicht vielfältige und zum Teil einmalige Realisierungsmöglichkeiten innerhalb komplexer Aufgabengebiete und Forschungsthemen.

Flach-Konfiguration

In der Flachkonfiguration besteht die Konti-Walzanlage aus einem Duo-Reversiergerüst, welches als Vorgerüst dient und einer kontinuierlichen Fertigstaffel mit drei Duo-Walzgerüsten in Housingless-Bauart. Vor dem Reversiergerüst ist ein optionaler Zunderwäscher zur Entfernung des Primärzunders und ein Treiber zum Einschiessen der Probe in das Reversiergerüst und die nachfolgenden Housing-Gerüste für das Fertigwalzen nach dem Vorwalzen.

Die Erwärmung des Ausgangsmaterials kann wahlweise induktiv oder in Anwärmöfen erfolgen, wahlweise auch in Kombination aus induktiver Schnellerwärmung  und Ausgleichszeit im vorgewärmten Ofen. An das letzte Fertiggerüst schließt sich die Kühlstrecke an, in welcher die Abkühlung mit festgelegten Parametern erfolgen kann. Abschließend kann das fertige Band in einen Regalofen gefahren werden, welche in unterschiedlichen Temperaturzonen definierte Abkühlkurven realisieren kann – beispielsweise zur Simulation einer Coilabkühlung.

Die Drehzahlen, Walzkräfte und -momente aller Gerüste werden datentechnisch erfasst und es besteht die Möglichkeit die Temperatur an unterschiedlichen Stellen der Walzstraße über Pyrometer zu messen und aufzeichnen zu lassen. Entsprechend können mit Hilfe der Kontiwalzanlage verschiedene Warmwalzprozesse in Anlehnung an reale Warmbandstrassen nachgefahren oder aber neue Technologiemöglichkeiten erforscht werden.

Drahtkonfiguration

Bei der Drahtkonfiguration werden im Duo-Vorwalzgerüst kalibrierte Walzen eingesetzt, welche ein reversierendes Vorwalzen des Walzblockes bis an den Einlaufdurchmesser der Fertigstraße erlauben. Die anschließende Fertigstaffel besteht aus vier Walzringgerüsten in H-V-H-V-Anordnung,  wobei die Gerüste und die eingesetzten Walzringe den realen Anlagen in industriellen Fertigwalzblöcken entsprechen.

Die Anwärmung kann wahlweise induktiv oder in Anwärmöfen erfolgen, wahlweise auch in Kombination aus induktiver Schnellaufwärmung mit anschließendem Ausgleich im Ofen. Vor dem Reversiergerüst befindet sich ein Treibgerüst für das erforderliche schnelle Eintreiben des Walzstabes in die Fertigstaffel. Nach der Fertigstaffel durchläuft das Walzgut eine Wasserkühlstrecke zur definierten Abkühlung.

Den Abschluss der Walzstraße bildet ein Windungsleger für den Fertigdraht. Die Windungen werden vom Drehrohr auf einem Gliedertransportband abgelegt und können entweder langsam an ruhender Luft oder beschleunigt durch von unten zugeführte Gebläseluft (Stelmor-Kühlung) weiter abkühlen.  Bei entsprechend kurzen Fertigdrähten ist auch eine Einspeisung in den Regalofen für Flachband möglich, um dort definierte Abkühl-/Haltekurven zu simulieren.

Die Drehzahlen sowie Walzkräfte und -momente des Vorgerüstes wie auch der Fertigstaffel können elektronisch aufgezeichnet werden, die Temperaturmessung an gewünschten Punkten entlang der Walzlinie ist über Pyrometer problemlos möglich. In dieser Anlagenkonfiguration lassen sich sowohl die Prozesse in realen Draht- und Stabstahlstraßen nachbilden als auch neue Technologien für neue Werkstoffe in kleinem Maßstab realitätsnah entwickeln.

Mit der Berufung von Dr.-Ing. Otto Emicke zum Professor auf den Lehrstuhl für Walzwerkskunde und Transportwesen an der Bergakademie im Jahre 1928 beginnt auch die Geschichte der Walzwerke am heutigen Institut für Metallformung. Das Duo-Reversiergerüst der Firma SACK wurde schon in der Konstruktionsphase als reines Versuchswalzwerk nach den Plänen von Prof. Emicke ausgelegt und im Januar 1930 offiziell in Betrieb genommen.

In überarbeiteter und modernisierter Form wird das Walzwerk auch heute noch für umfangreiche und anspruchsvolle Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Walzens von Flach- und Langprodukten am Institut für Metallformung verwendet. Vorteilhaft für die Umsetzung vieler Forschungsvorhaben erweist sich immer wieder die Voraussicht bei der ursprüngliche Konstruktion mit einem verschiebbaren Walzenständer, welcher den Einsatz von unterschiedlichen Walzen mit Ballenlängen von 500 bis 800mm als Flach- oder Kaliberwalzen erlaubt.

Die Gerüstkonstruktion ermöglicht neben der Duo-Konfiguration auch die Verwirklichung von Mehrwalzeneinbauten (Quarto- und Universal-Einbau). Zusätzlich lassen sich vor oder nach dem Gerüst weitere Einrichtungen anbringen, beispielsweise Versuchsanlagen zur Entzunderung oder Kühlstrecken. Für die Auswertung von Walzversuchen ist das Gerüst mit Einrichtungen zur Messung von Drehzahl, Walzkraft und Walzmoment sowie von Anstich- und Endwalztemperaturen durch Pyrometer ausgerüstet. Auf Grund der ausgedehnten Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet des Leichtbauwerkstoffes Magnesium wurde das Gerüst zusätzlich mit einer Walzenheizung ausgestattet, welche eine Vorwärmung der Arbeitswalzen im Duo-Einbau auf bis zu 130°C erlaubt.

 

Für Untersuchungen bezüglich des Walzens von Dünnblech und Kaltband sowie zur Erforschung neuer Technologiekonzepte für das Kaltwalzen verfügt das Institut für Metallformung über ein Kaltwalz-Reversiergerüst, welches im Duo- und für besonderes dünne Abmessung oder feste Werkstoffe im Quarto-Einbau betrieben werden kann.

Das Gerüst verfügt über zwei Haspeln, so dass neben Blechen auch Bänder reversierend gewalzt werden können. Das Gerüst verfügt über Kraftmessdosen zur Messung der Walzkraft und die Möglichkeit zur Aufzeichnung von Walzgeschwindigkeit und Walzendrehzahl.

Für die Forschungstätigkeit und Technologieentwicklung auf dem Gebiet der Langprodukte verfügt das Institut für Metallformung über eine offene, dreigerüstige Feinstahlwalzstraße mit Trio-Walzgerüsten. Die vorhandenen Kaliberreihen ermöglichen das Walzen von Rund- und Vierkantquerschnitten in unterschiedlichen Endabmessungen.

Neben der Herstellung von Vormaterialien für weitere Versuche, z. B. Drahtziehen, wird die Triostraße auch oftmals für Forschungen auf dem Gebiet von NE-Metallen und Sonderwerkstoffen eingesetzt. Zur Messung der prozesswichtigen Datensätze verfügt die Triotraße über eine Momentenmessung an den Antriebsspindeln, Kraftmessdosen für die Walzkraftmessung an allen drei Gerüsten. Für die Temperaturmessung ist die Anschlussmöglichkeit von mehreren Pyrometern an verschiedenen Messpunkten gegeben.