Diese Woche steht im Zeichen der Datenliebe. Bis zum 16. Februar 2024 veranstalten zahlreiche internationale Forschungsinstitutionen die „Love Data Week“. Auch die Universitätsbibliothek der TU Bergakademie Freiberg beteiligt sich daran mit Veranstaltungen zum Thema Forschungsdatenmanagement. Warum dieses Thema wichtig ist, erzählt Dr. Stefanie Nagel im Interview.
Die Love Data Week soll Aufmerksamkeit für das Thema Forschungsdatenmanagement erregen. Warum findet dieses Thema zu wenig Beachtung aus Ihrer Sicht?
Oftmals fehlt eigentlich schon das Hintergrundwissen. Was sind denn eigentlich alles Forschungsdaten und was bedeutet es eigentlich, sie zu managen? Forschungsdaten sind im Prinzip alle Daten, die im Forschungsprozess generiert, erhoben, gesammelt und ausgewertet werden. Und sie bilden sowohl die Grundlage für die Forschung, sind Arbeitsdaten als auch Werkzeuge und sind natürlich auch das Ergebnis der Forschung, also die Daten, die dann sozusagen auch für eine Publikation zugrunde liegen. Und je nach Fachdisziplin können die sehr, sehr unterschiedlich sein, sehr heterogen: In der Chemie zum Beispiel, da gibt es experimentelle und elektrochemische Messdaten, es gibt Simulationsdaten. In der Informatik haben wir Quellcodes oder auch andere Software-Artefakte. Wir haben strukturierte Datenbanken, zum Beispiel für das maschinelle Lernen, was ja jetzt ein großes Thema ist. Bei den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften haben wir ganz andere Forschungsdaten. Die arbeiten häufig mit amtlichen Statistiken oder Fragebögen und Interviews, also wo auch autovisuelle Daten und Texte dazukommen. Also die Heterogenität ist wirklich sehr fachspezifisch. Und dementsprechend hat man auch unterschiedliche Anforderungen an die Aufbereitung, an die Verarbeitung und Verwaltung dieser Daten. Und da setzt das Forschungsdatenmanagement ein. Es umfasst im Prinzip alle Tätigkeiten, die zur Organisation und auch zur Verwaltung dieser Forschungsdaten unternommen werden und immer mit dem Ziel vor Augen, dass die Forschungsdaten langfristig und vor allem vom Datenerzeuger unabhängig – das ist ganz wichtig – zugänglich sind, dass sie nachvollziehbar sind und vor allem auch nachnutzbar sind.
Und warum wird Forschungsdatenmanagement nicht so richtig wahrgenommen? Ich denke, das ist vielleicht auch gar nicht richtig, also Forschungsdatenmanagement wird schon wahrgenommen. Es wird vielleicht eher so ein Stück weit ausgeblendet, weil natürlich Forschungsdatenmanagement ein zusätzlicher Zeitaufwand ist. Zumindest wird es so wahrgenommen. Außerdem gibt es auch eine Skepsis gegenüber der Offenlegung von Forschungsdaten, Stichwort Open Data, also datenschutzrechtliche Bedenken und auch urheberrechtliche Einwände. Aber Forschungsdatenmanagement an sich ist ja nicht nur Open Data, es ist auch die Datendokumentation an sich, es ist die Datenorganisation, sprich wie benenne ich Dateien, welche Datenformate nutze ich und so weiter. Es werden viele Daten heutzutage sehr aufwendig unter Einsatz von hohen Kosten generiert und wenn man aber praktisch gar nicht weiß, dass da schon mal was dazu gelaufen ist, dann wird es vielleicht an anderer Stelle noch mal generiert. Und das kann sich unsere Gesellschaft auf Dauer nicht leisten und insofern ist das ein ganz wichtiger Punkt. Und es ist natürlich nicht zuletzt Teil der guten wissenschaftlichen Praxis, für Transparenz, für Reproduzierbarkeit und natürlich auch für die Qualität der Forschung zu sorgen.
Im November 2023 hat die TUBAF eine Forschungsdaten-Policy beschlossen. Was ist das?
Das sind Richtlinien zum Umgang mit Forschungsdaten, wenn man es so ganz einfach darstellt. Wie sichere ich die Daten, wie speichere ich sie, wie mache ich sie zugänglich und so weiter. Forschungsdaten-Policies gibt es auf verschiedenen Ebenen. Die Forschungsförderer haben eigene Forschungsdaten-Policies. Wie muss der Umgang mit Forschungsdaten aussehen, wenn Forschende förderfähig sein wollen? Was muss da praktisch vorausgesetzt sein? Verlage haben mittlerweile auch Forschungsdaten-Policies. Also zum Beispiel: Müssen bei einer Publikation Forschungsdaten mit zugänglich gemacht werden und wenn ja welche? Und inzwischen gibt es auch für Forschungsprojekte extra ausgearbeitete Forschungsdaten-Policies. Wir haben ja sehr viele Verbundprojekte, wo auch interdisziplinär gearbeitet wird, wo vielleicht auch unterschiedliche Standards existieren, und da ist es sehr wichtig, dass man sich im Vorfeld innerhalb dieses Verbundprojektes auch austauscht, welche Richtlinien im Umgang mit Forschungsdaten für dieses bestimmte Forschungsprojekt festgelegt werden.
Und dann gibt es die institutionellen Forschungsdaten-Policies, wie die TUBAF eine im November letzten Jahres verabschiedet hat. Warum braucht eine Hochschule nun eine eigene Forschungsdaten-Policy? Warum kann man nicht sagen, man macht eine für alle? Das liegt daran, dass in so einer Forschungsdaten-Policy auch die individuelle Infrastruktur der Hochschule eine Rolle spielt – also was hat man denn hier, gibt es zum Beispiel ein Forschungsdatenrepositorium, gibt es vielleicht auch bestimmte Serviceangebote zum Forschungsdatenmanagement für die Forschenden, solche Sachen werden dann in der institutionellen Forschungsdaten-Policy festgeschrieben. Für uns als Hochschule ist es auch wichtig festzulegen, wie geht man damit um, wenn zum Beispiel eine kooperierende Einrichtung eine eigene Forschungsdaten-Policy hat. Welche überwiegt dann? Die institutionelle Policy soll den Forschenden also vor allem eine Orientierungshilfe zum Forschungsdatenmanagement bieten und zum anderen die Anforderungen der Förderer bedienen.
Und welche Funktion oder welche Aufgabe hat hier eine Unibibliothek? Und speziell die Unibibliothek der TUBAF?
Wir bemühen uns gerade dahingehend, eine Strategie zu entwickeln. Wir haben ja im Oktober letzten Jahres eine Open-Science-Abteilung gebildet und wir bemühen uns jetzt, nach und nach Schulungen und auch vielleicht Beratungsangebote aufzubauen, aber das ist halt eine personelle Frage ganz klar. Wir sind natürlich keine Experten für die einzelnen Fächer, aber wir können in den allgemeineren Sachen beraten. Wir sind zum Beispiel die Experten für Metadaten oder auch für Datenspeicherung. Forschungsdatenmanagement ist ein sehr dynamisches Feld, es kommen auch sehr viele neue Werkzeuge zum Beispiel dazu. Wie finde ich denn das perfekte Forschungsdatenrepositorium für mich? Das zu recherchieren ist ein Zeitfaktor und das können Forschende vielleicht nicht unbedingt immer zusätzlich leisten. Das können wir aber leisten und wir versuchen auch mit dem Open-Science-Snack, das ist ja unser kleiner Newsletter zu Open Science, regelmäßig zu Open-Science-Themen in ganz knapper Form zu berichten, mit Links auf weitere Literatur, wo man sich tiefer einlesen kann in die Materie. Es geht darum, dass man auf Sachen aufmerksam macht, sogenannte Awareness schafft für bestimmte Probleme, also gerade auch die rechtlichen Aspekte, solche Dinge. Darin können wir im Prinzip unterstützen, und da die Forschenden ein Stück weit entlasten. Wir an der UB der TUBAF versuchen das nach und nach aufzubauen, wir starten erstmal klein mit solchen Coffee Lectures zum Beispiel, um einfach so die Basics zu vermitteln.
Veranstaltungen der TUBAF zur Love Data Week
Das Open-Science-Team der UB Freiberg beteiligt sich mit zwei online Coffee-Lectures:
Wo: https://bbb.hrz.tu-freiberg.de/b/mar-cwn-ig8-vqy
13.02.2024, 11:00 – 11:45 Uhr
Dr. Stefanie Nagel
Basics zum Forschungsdatenmanagement. Vom Datenberg zur Wissensquelle
15.02.2024, 11:00 – 11:45 Uhr
Martina Obst (Open-Access-Beauftragte)
Open-Access-Publizieren an der TUBAF