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Am Stadtrand von Cottbus stehen zwei Mehrfamilienhäuser. Solarthermie auf dem Dach und Photovoltaik an den Außenwänden versorgen die Häuser mit Wärme und Strom. Wärme und Strom können dabei auch in einem Speicher und einer Batterie zwischengespeichert werden. Für die Mieterinnen und Mieter ist alles all-inclusive: Sie bezahlen eine Pauschalmiete, das heißt für den regenerativ erzeugten Strom und die Wärme fällt, neben der Kaltmiete, ein monatlicher Festpreis an. Ob sich dieses Modell für Mieterinnen und Mieter aber auch für Wohnungsbau-Unternehmen rechnet, untersuchte ein kürzlich abgeschlossenes Forschungsprojekt der TU Freiberg.

Forschung

In den vergangenen fünf Jahren wertete das Team dafür die Daten zur Erzeugung und zum Verbrauch der Energie in den Solarhäusern genau aus. Außerdem analysierten die Forschenden, wie sich das Mietmodell mit der Energie-Flatrate auf den Energieverbrauch und das Wohnverhalten der Menschen auswirkt. „Die Pauschalmiete funktioniert auch im Solar-Mehrfamilienhaus: Es gab im Zeitraum des Forschungsprojekts kein verschwenderisches Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner, so dass der Energieverbrauch durch die Solarenergie weitgehend gedeckt werden konnte. Zwischen 70 und 77 Prozent des Stroms sowie 50 bis 55 Prozent des Wärmebedarfs wurden von der Sonnenenergie gedeckt“, sagt Dr. Thomas Storch, der das Projekt seitens der TU Bergakademie Freiberg begleitete.

Trotz höherer Investitions- und Baukosten für die im Solarhaus benötigte Technik geht die Rechnung nicht nur für die Mieterinnen und Mieter auf, sondern auch für die am Projekt beteiligte Wohnungsbaugenossenschaft eG Wohnen 1902: „Durch die Nutzung von Überschüssen im Quartier fallen dort Kosten für die Energie weg. Zudem sorgt die Pauschalmiete unter den getroffenen Randbedingungen für eine höhere Eigenkapital-Rendite als Standard-Mietmodelle.“

Planungen optimieren und auf andere Standorte anpassen

„Wir haben kleinere Optimierungsmöglichkeiten gefunden“, so Projektbearbeiter Lukas Oppelt. Das ist laut den Forschenden beispielsweise der Akku-Wärmespeicher, der bei ähnlichen Projekten in kleinerer Größe geplant werden könne. Eine weitere Schlussfolgerung des Teams: „Unsere Simulationen von Wetterdaten zeigen, dass das die Solarerträge für Mietshäuser auch in Hamburg oder München sowohl für Bauunternehmen als auch für Mieterinnen und Mieter rentabel sind.“ Wie sich das Modell auf internationale Projekte übertragen lässt, untersucht das Team aktuell im Programm „Solar Energy Buildings“ der internationalen Energieagentur (IEA SHC Task 66).

Überschüssige Energie an die umliegenden Gebäude abgeben

Neben dem neuen Mietmodell untersuchen die Forschenden auch, wie gesamte Quartiere von den halbautarken Mietshäusern profitieren können. Überschüssiger Strom wird in einem Bürogebäude in der Nachbarschaft verbraucht, Überschüsse aus der Solarthermie werden in umliegenden Bestandsgebäuden zur Warmwassererzeugung genutzt. In zukünftigen Projekten soll untersucht werden, wie sich die Ergebnisse und Erfahrungen aus Cottbus auf Bestandsgebäude übertragen lassen.

Beide Häuser nutzen Solarthermieanlagen auf dem Dach, die auch im Winter effizient arbeiten. An sonnenarmen Tagen sorgt eine Gasbrennwerttherme für Wärme. Überschüssige Wärme kann in das Quartiernetz eingespeist werden. Die Stromversorgung erfolgt über Photovoltaikanlagen mit Speichermöglichkeiten in einem Lithium-Ionen-Akku oder Abgabe ins Quartier.

Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über fünf Jahre (2018 bis 2023) finanziert und vom Forschungszentrum Jülich geleitet. Weitere Partner waren unter anderem die eG Wohnen 1902, das Freiberg Institut für vernetzte Energieautarkie, die mensura Immobilienservice GmbH, der VSWG - Verband sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V. und der GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.

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