An der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovations- und Risikomanagement, widmen wir uns interdisziplinären und praxisrelevanten Fragestellungen im Spannungsfeld von Innovation, Risiko und Resilienz. In Zeiten hoher Unsicherheit und Disruption, gesellschaftlichem Wandel mit neuen sozio- und technoökonomischen Herausforderungen sind Innovationsfähigkeit & Resilienz unverzichtbar.
Sowohl in der Grundlagenforschung als auch in anwendungsorientierten Forschungsprojekten liegt ein starker Fokus unserer Arbeiten auf den Erfolgsfaktoren sowie neuen Modellen und Ansätzen für Kooperation und Koordination. Dies umfasst beispielsweise innovative Unternehmenskooperationen entlang der Wertschöpfungskette, öffentlich-private Kooperation im Risiko- und Krisenmanagement sowie grenzüberschreitende Kooperation von Unternehmen und Behörden.
Die Schwerpunkte unserer Forschung liegen in den folgenden Themenfeldern:
- Resilienz vernetzter und komplexer Systeme (insb. Marktsysteme und Supply Chain-Netzwerke sowie kritische Infrastrukturen)
- Innovationsmanagement und Innovationstransfer
- Risiko- und Krisenmanagement von Lieferketten, Produktionssystemen und Projekten (z.B. Cybersicherheit und Cyberresilienz von Produktion; Ernährungsnotfallvorsorge)
- Ökonomische Verhaltensforschung im Kontext von Risiko & Innovation
- Business Value Analyse für Resilienzstrategien
- Innovative Kooperationsformen zur Erhöhung unternehmerischer, behördlicher und gesellschaftlicher Resilienz
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Aktuelle Projekte
Innovationstransfer – Projekt 4Transfer
Das 4-jährige Modellprojekt 4transfer wird durch die Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ gefördert und hat große Strahlkraft innerhalb des sächsischen Innovations-Ökosystems. Zum Verbund gehören die TU Bergakademie Freiberg, die Duale Hochschule Sachsen, die Hochschule Meißen (FH) und Fortbildungszentrum sowie der Landesverband der Kultur- und Kreativwirtschaft Sachsen e.V.
Jede Institution steht für einen der vier Stakeholder Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung & Politik sowie Zivilgesellschaft. Erst das Zusammenspiel dieser vier Stakeholder ermöglicht einen optimalen Wissens- und Technologietransfer und damit erfolgreiche Innovationen.
Im Rahmen von 4transfer übernimmt die Professur für Innovations- und Risikomanagement die wissenschaftliche Erarbeitung des „Impact Surveys“. Die Arbeiten umfassen die Messung von Innovationen, Innovationstransfer und Innovationswirkung. Dabei untersuchen wir, wie wissenschaftliche Erkenntnisse wirksam in wirtschaftliche und gesellschaftliche Anwendungen überführt werden können. Weitere Schwerpunkte unserer Arbeiten liegen auf der Gestaltung innovativer Transferstrukturen und der Identifikation förderlicher Rahmenbedingungen für nachhaltige Innovation.

Forschungscluster „Resiliente & Nachhaltige Wertschöpfung“ (RESI-NET)
Im Forschungscluster „Resiliente & Nachhaltige Wertschöpfung“ erarbeiten mehrere Professuren der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften im Verbund Beiträge und Lösungen zu den wichtigen Zukunftsthemen Kreislaufwirtschaft & Twin Transformation, Resilienz & Sicherheit vernetzter Systeme, Sourcing & Raw Material Criticality sowie verwandten Fragestellungen. Das Ziel der Arbeiten von RESI-NET ist es, praxisnahe Konzepte für eine zukunftsfähige Industriegesellschaft zu entwickeln.
Erst die Bündelung der Kompetenzen der beteiligten Professuren ermöglicht die Erarbeitung dieser komplexen Forschungsfragen. Das Forschungscluster steuert damit wirtschaftswissenschaftliche Expertise zu den großen strategischen Themenfeldern bei, auf denen die TU Bergakademie Freiberg als Ressourcenuniversität führend ist.
Wir stehen Ihnen als Kooperationspartner für Forschungsprojekte, Unternehmens- und Politikberatung sowie als Ansprechpartner für wissenschaftlichen Dialog gern zur Verfügung.
Anfragen richten Sie bitte an marcus [dot] wiens [at] bwl [dot] tu-freiberg [dot] de (marcus[dot]wiens[at]bwl[dot]tu-freiberg[dot]de) oder direkt an die betreffenden Kolleg:innen.
Forschung am KIT-Institut KASTEL-ESS: Ökonomische Aspekte der Cyber-Sicherheit
Die Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung industrieller, behördlicher und gesellschaftlicher Systeme ist im vollen Gang. Mit mindestens der gleichen Geschwindigkeit werden diese Systeme aber auch anfälliger für Angriffe aus dem Cyberraum, was zu Betriebsunterbrechungen, Datenverlusten, Datenmanipulation, finanziellen Schäden oder Schlimmerem führen kann. Dabei trifft die Cyberabwehr auf eine hochdynamische, längst ebenfalls automatisierte, hochspezialisiert und arbeitsteilig organisierte „Schattenindustrie“. Die steigende Bedrohung, erschwerte Versicherbarkeit von Cyberrisiken, aber auch die höheren regulatorischen Anforderungen (z.B. NIS2, KRITIS-Dachgesetz) machen es Unternehmen zunehmend schwerer, sich auf dieses Risiko einzustellen.
Die Professur für Innovations- und Risikomanagement ist Forschungspartner am Helmholtz-Institut für Informationssicherheit & Verlässlichkeit KASTEL-ESS (Topic: Engineering Secure Systems) des Karlsruher Instituts für Technologie. Wir befassen uns hier mit der strategischen Analyse und Abwehr von Cyberangriffen, mit Kosten- und Schadensschätzungen (inkl. Cyber-Resilienz) sowie mit den verhaltenswissenschaftlichen Implikationen dieses speziellen Risikos aus einer betriebs- und volkswirtschaftlichen Perspektive.
Forschung am KI-Lab: Risiko- und Innovationsforschung der Zukunft
Seit 2025 wird an der TU Bergakademie Freiberg ein kleines Labor zur künstlichen Intelligenz (kurz: „AI-Lab“) aufgebaut und ergänzt damit die bereits aus dem Robo-Lab, dem Behavioral Lab sowie dem Digitalisierungsstudio für Mineralien bestehende Laborinfrastruktur der Technischen Universität Bergakademie Freiberg.
Das Labor wird künftig Studierende, Doktoranden und Projektmitarbeitende dabei unterstützen, KI-Anwendungen informiert, verantwortungsbewusst aber gleichzeitig niedrigschwellig in ihre Arbeiten zu integrieren. Das AI-Lab unterstützt durch die Bereitstellung einfacher Programme (u.a. Apps) und Tutorials, bildet jedoch auch als Support-Netzwerk einen Raum zum Austausch und Experimentieren. Auch die Öffentlichkeit wird in diese Initiative eingebunden. Das Labor wird bei öffentlichen Events, wie z.B. Campus-Tag, Kinder-Uni etc., für Vorführungen, Experimente und zum Austausch geöffnet sein. Für Unternehmen der Region kann das AI-Lab ein erster Anlaufpunkt sein, um AI-Projekte mit Forschenden der Universität durchzuführen, und um im Austausch mit der Universität zum Thema Künstliche Intelligenz Expertise und Inspiration zu erhalten.
Das Labor ist organisatorisch an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angesiedelt und wird von der Professur für Innovations- und Risikomanagement geleitet.
Forschungsprofil & Referenzen: Ausgewählte abgeschlossene Projekte
Die folgende Auswahl an abgeschlossenen Projekten wurde vom Professurinhaber überwiegend bis 2021/2022 am oder in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durchgeführt.
NOLAN: Skalierbare Notfall-Logistik für urbane Räume als öffentlich-private Partnerschaft im Katastrophenfall
- Laufzeit: 2018-2022 | Fördergeber: BMBF (Projektkoordination durch den Professurinhaber)
- Projektpartner: Karlsruher Institut für Technologie (KIT); Technische Universität Dresden (TUD); 4flow AG
Im Rahmen von NOLAN wurde erstmalig die Option einer öffentlich-privaten Partnerschaft im Krisenmanagement (Public-Private Emergency Collaboration, PPEC) systematisch erforscht. Das Konzept der PPECs überträgt den Grundgedanken der klassischen Public Private Partnerships (PPP), welche primär aus dem Infrastruktur- oder Bildungsbereich bekannt sind, auf den Bereich des Krisenmanagements. Eine PPEC umfasst jede Form der Koordination und Kooperation zwischen staatlichen und privaten Akteuren mit dem Ziel, die Versorgung der Bevölkerung im Notfall sicherzustellen. Im Projekt wurden die folgenden Gefährdungsszenarien unterstellt: (I) Kontamination des Trinkwassers während einer Hitzewelle, (II) Verknappung von Öl- und Benzin durch geopolitische Spannungen, (III) Ausfall des elektronischen Zahlungsverkehrs sowie (IV) Pandemie. Die untersuchten Fragestellungen werden im Kontext des Zivilschutzes aktuell nochmal besonders relevant und bleiben auch in Zukunft ein wichtiger Forschungsschwerpunkt der Professur.
PPEC als Konzeption einer öffentlich-privaten Kooperation für verbesserte Krisenresilienz
Aus juristischer Sicht wurde die Zulässigkeit und mögliche Formen der Ausgestaltung einer Partnerschaft zur Krisenvorsorge untersucht. Ökonomisch standen die Anreize seitens Unternehmen und Behörden, die Mechanismen und die Bereitschaft zum Teilen von Information sowie die Kosten und Teilung von Risikolasten im Zentrum. In einer empirischen Studie zur Identifikation von Versorgungsproblemen wurde in zwei Befragungsrunden (Tür-zu-Tür Befragungen unmittelbar vor dem Corona-Ausbruch zu Beginn 2020 mit 330 Befragten und während der Pandemie im Sommer 2021 mit 402 Befragten) das Bevorratungsverhalten der ländlichen Bevölkerung in Baden-Württemberg untersucht. Ein kritischer Faktor für eine PPEC ist die Bereitschaft von Unternehmen, sich an einer Kooperation mit dem Staat zu beteiligen. Hier zeigten die Ergebnisse einer Unternehmensumfrage mit 398 Unternehmensvertretern verschiedenster Branchen, dass die meisten der befragten Unternehmen bereits in humanitären Aktivitäten engagiert sind und generell bereit sind, sich am Krisenmanagement zu beteiligen.
Diehlmann, F.; Lüttenberg, M.; Verdonck, L.; Wiens, M.; Zienau, A. & Schultmann, F. (2021). Public-private collaborations in emergency logistics: A framework based on logistical and game-theoretical concepts. Safety Science, 141, Article no: 105301.
Wiens, M.; Schätter, F.; Zobel, C. & Schultmann, F. (2018). Collaborative Emergency Supply Chains for Essential Goods and Services. In: Fiedrich, F. & Fekete, A. (Hrsg.): Urban Disaster Resilience and Security, Springer, 145-168.
Lüttenberg, M.; Zienau, A.; Wiens, M.; Hansen, O.; Diehlmann, F. & Schultmann, F. (2025). How to enhance company engagement in public-private emergency collaborations in the supply of essential goods. Journal of Humanitarian Logistics and Supply Chain Management, 15(1), 48-60.
Lüttenberg, M., Schwärzel, A., Klein, M., Diehlmann, F., Wiens, M. & Schultmann, F. (2022). The Attitude of the Population towards Company Engagement in Public-Private Emergency Collaborations and its Risk Perception - A Survey. International Journal of Disaster Risk Reduction, 82(103370).
Wiens, M.; Breitbarth, E.; Diehlmann, F.; Gromitsaris, A.; Gross, W.; Lüttenberg, M.; Michalk, K.; Schulte, M.; Schultmann, F. & Zienau, A. (2020). Intakte Versorgungsketten in Krisenzeiten mit Hilfe öffentlich-privater Partnerschaften – Das Projekt NOLAN. OR-News, 69, 3rd of August 2020, ISSN 1427-2045, 39-40.
Logistische Modelle (Modelle der Emergency Logistics) zur öffentlich-privaten Kooperation im Notfall
Der erste Teil der logistischen Modellierung befasste sich mit der strategisch-strukturellen Planung einer Notversorgung. Unsere Arbeiten in diesem Bereich umfassten die gemeinsame Planung von Notbrunnen und Wasseraufbereitungsanlagen, Fragen der Priorisierung der vulnerablen Teile der Bevölkerung sowie die richtige Wahl von öffentlichen Verteilstellen von Notgütern, wie bspw. Schulhöfe oder größere Parkplätze. Ein Schwerpunkt lag bei der gemeinsamen, öffentlich-privaten Lagerung von lebensnotwendigen Gütern, einem innovativen Ansatz des NOLAN-Konsortiums, das zusammen mit Behörden- und Firmenvertretern erarbeitet wurde. Die Studien umfassten zum einen eine Standortplanung für Warenlager, die sich an Attraktivitätsscores orientierte, und zum anderen die Reform der Bevorratungsstrategie in Richtung einer kooperativen Lagerhaltung, bei der die öffentliche Notfallbevorratung in die kommerzielle Lagerhaltung integriert ist.
Der zweite Teil der logistischen Studien legte den Schwerpunkt auf die operativ-taktische Modellierung öffentlich-privater Sofortmaßnahmen der Notversorgung. In einer Simulationsstudie wurde das Verschneiden öffentlicher und privater Informationen zur schnellen Identifikation der vulnerablen Bevölkerungsgruppen untersucht. In zwei Fällen wurden kooperative Transportprobleme auf Spezialfälle der Notfalllogistik angewandt: Ein logistische Studie befasste sich mit dem schnellen Umleiten von Wassertransporten des Einzelhandels (Collaborative Vehicle Routing) für das Szenario eines regionalen Ausfalls des leitungsgebundenen Trinkwassers; in einer zweiten logistischen Studie haben wir den gemeinsamen Einsatz von Drohnen und Transportern (Mix Vehicle Routing) zur schnellen Versorgung mit Medikamenten in Kontext einer Pandemie untersucht.
Bakker, H.; Diehlmann, F.; Wiens, M.; Nickel, S. & Schultmann, F. (2023). School or parking lot? Selecting locations for points of distribution in urban disasters. Socio-Economic Planning Sciences, 89.
Stallkamp, C.; Diehlmann, F.; Lüttenberg, M.; Wiens, M.; Volk, R. & Schultmann, F. (2020): On the Combination of Water Emergency Wells and Mobile Treatment Systems: A Case Study of Berlin. Annals of Operations Research.
Diehlmann, F.; Klein, M.; Wiens, M.; Lüttenberg, M.; Schultmann, F. (2022). On the effects of authorities’ disaster interventions in Public-Private Emergency Collaborations. International Journal of Disaster Risk Reduction, 79 (103140).
PREVIEW: Resilienz kritischer Verkehrsinfrastrukturen am Beispiel der Wasserstraßen
- Laufzeit: 2018 – 2021 | Fördergeber: BMBF (Projektkoordination durch den Professurinhaber)
- Projektpartner: Kalrsruher Institut für Technologie (KIT), Hochschule Karlsruhe (HsKA), antwortING PartGmbB, 4flow AG, Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)
Ziel des Projekts PREVIEW war es, die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Wasserstraßen-infrastruktur in Deutschland zu erhöhen. Das Projektkonsortium untersuchte die möglichen Auswirkungen des Versagens kritischer Bauwerke der Wasserverkehrsinfrastruktur auf andere Verkehrsinfrastrukturen, auf die Logistik, auf Anrainerindustrien sowie auf die Bevölkerung der angrenzenden Regionen im Rahmen eines ganzheitlichen Risikomanagement-Ansatzes. Hierzu wurden die Schadensauswirkungen anhand der drei Gefährdungsszenarien (I) Naturereignisse, (II) technisches oder menschliches Versagen und (III) feindselig gesinnte Angriffe analysiert und aufbereitet.
In einem ersten Schritt wurde die Vulnerabilität der einzelnen Bauwerksgruppen ermittelt. Im zweiten Schritt wurden sämtliche Arten an potentiellen oder historischen Schäden erfasst und bewertet, die aus einem Bauwerksversagen resultieren können. Dabei wurde insbesondere zwischen wirtschaftlichen Schäden (für nicht belieferbare Anrainerindustrien) einerseits und gesundheitlichen Gefährdungen (Schäden an „Leib und Leben“ aus der Perspektive des Bevölkerungsschutzes) unterschieden. Aus den daraus resultierenden Erkenntnissen entstanden Krisenpläne für die Stakeholder des Projekts, um diesen Gefährdungen wirkungsvoll entgegentreten zu können.
Die Ergebnisse des Projekts flossen in ein Simulationsmodell ein, welches mögliche Gefahrenlagen am Beispiel des Westdeutschen Kanalnetzes darstellt. PREVIEW-GIS stellt ein GIS-basiertes Tool zum Monitoring der Bauwerks-Resilienz dar. Es umfasst die Geodaten der wasserbaulichen Infrastrukturelemente am Westdeutschen Kanalnetz sowie Daten zur Resilienzbewertung. Das Instrument kann Entscheidungsträgern eine Unterstützung hinsichtlich einer risikobasierten Priorisierung von Instandsetzungsmaßnahmen bieten. Die Anwendung basiert vollständig auf opensource Komponenten zur Bereitstellung und Visualisierung von Geodaten über das Internet. Dabei sind clientseitig keine weiteren Voraussetzungen notwendig, sofern ein Webbrowser installiert ist.
Wehrle, R.; Gast, J.; Wiens, M. & Schultmann, F. (2023). On the influence of infrastructure availability on companies decisions toward modal shift and relocation of facilities. Transportation Research Interdisciplinary Perspectives, 19 (100818).
Wehrle, R.; Wiens, M.; Neff, F. & Schultmann, F. (2022). Economic Risk Potential of Infrastructure Failure Considering Inland Waterways. Water, 14(18), 2874.
Wiens, M.; Wehrle, R.; Klein, M. & Schultmann, F. (2022). Die Resilienz von Infrastruktursystemen – Das Beispiel der Wasserstraßen. Acamonta, 29. Jg. (2022), 38-42.
Wehrle, R.; Wiens, M. & Schultmann, F. (2022). A framework to evaluate systemic risks of inland waterway infrastructure. Progress in Disaster Science, 16.
INCA: Ein Entscheidungsunterstützungs-Framework zur Stärkung der Katastrophenresilienz in Grenzgebieten
- Laufzeit: 2017 – 2020; Fördergeber: DFG-ANR (Projektkoordination durch den Professurinhaber)
- Projektpartner: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Bergische Universität Wuppertal (BUW), Université Paris Dauphine, MINES ParisTech
Unsere Gesellschaften sind in zunehmendem Maße abhängig von kritischen Infrastrukturen, wobei diese Abhängigkeiten vor allem in den Grenzregionen problematisch werden können. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, sich grenzüberschreitend vor dem Ausfall und den Folgen eines Ausfalls kritischer Infrastrukturen zu schützen.
Ziel des interdisziplinären und transnationalen DFG-ANR-Projekts INCA ist die Erhöhung grenzüberschreitender Resilienz urbaner Systeme gegenüber exogenen Gefahren, wie z.B. extremen Naturereignissen und/oder dem Zusammenbruch kritischer Infrastrukturen. Der methodische Kern des Projekts ist ein agentenbasiertes Modell, mit dem sich die Reaktion der betroffenen Bevölkerung, die Intervention der Akteure des Bevölkerungsschutzes sowie das Verhalten freiwilliger Helfer analysieren lassen. Auf Basis sozio-ökonomischer Daten und klar definierter Szenarien soll es so möglich werden, Schwachstellen grenzüberschreitenden Krisenmanagements zu identifizieren, die Koordination und Kooperation zwischen den Stakeholder-Gruppen zu verbessern und so zu einer erhöhten Resilienz urbaner Systeme in Grenzregionen beizutragen. Als Untersuchungsgebiet wurde die französisch-deutsche Grenzregion herangezogen mit den Städten Colmar und Freiburg als betrachtete Städte der grenzüberschreitenden Kooperation.
Für die im Projekt untersuchten Interaktionen wurde ein grenzüberschreitendes agentenbasiertes Modell entwickelt. „Agenten“ im Sinne des Modells konnten verschiedene Einheiten darstellen, wie z. B. eine ausgefallene Infrastruktur aufgrund eines Stromausfalls, aber auch die Hilfe, die von spontanen Freiwilligen geleistet wird. Ein wichtiger Aspekt des agentenbasierten Ansatzes ist, dass er es ermöglicht, eine Umgebung ohne globale Informationen zu untersuchen, so dass die Parameter der Agenten so verändert werden können, dass es möglich ist, die Auswirkungen von Koordinationsfehlern abzuschätzen, die sich aus verschiedenen Merkmalen der Agenten ergeben. Aus den Analysen lassen sich Empfehlungen zur verbesserten Gestaltung grenzüberschreitender Koordination und Kooperation im Krisenfall ableiten und auf diese Weise die Resilienz in der Grenzregion verbessern.
Ein zweiter Schwerpunkt unserer Forschung lag auf empirischen Studien zu verhaltensökonomischen Implikationen, wie die Risikowahrnehmung, Hilfsbereitschaft und das Sozialkapital in einer Grenzregion. In einer Studie untersuchten wir die Auswirkungen von Stromausfällen auf die betroffene Bevölkerung in Deutschland und Frankreich. In einer zweiten, großangelegten empirischen Erhebung wurde mittels einen innovativen Ansatzes die Stärke der „grenzüberschreitenden Bindung“ („crossborder attachment“), das regionenspezifische Sozialkapital sowie die Selbsthilfekapazitäten der Bevölkerung für die Grenzregion erhoben und mit den Werten innerhalb der jeweiligen Länder (Deutschland und Frankreich) verglichen. Über diesen Ansatz konnte erstmalig Crossborder-Attachment gemessen und in seiner Bedeutung für die Selbsthilfekapazität verstanden werden.
Adrot, A.; Fiedrich, F.; Lotter, A.; Münzberg, T.; Rigaud, E.; Wiens, M.; Raskob, W. & Schultmann, F. (2018). Challenges in Establishing Cross-Border Resilience. In: Fiedrich, F. & Fekete, A. (Hrsg.): Urban Disaster Resilience and Security, Springer, 429-455.
Klein, M.; Mahdavian, F.; Wiens, M. & Schultmann, F. (2018). A Multi-Agent System to Improve the Resilience of Critical Infrastructure in Cross-Border Disasters. Proceedings of the 11th International Forum on Urbanism (IFOU) Congress 2018 / December 10-11-12, Barcelona (organized by the Urban Resilience Research Network, URNet).
Klein, M.; Wiens, M. & Schultmann, F. (2022). Borderland resilience, willingness to help and trust – An empirical study of the French-German border area. Journal of Behavioral and Experimental Economics, 99, Aug 2022, 101898.
Wiens, M.; Klein, M. & Schultmann, F. (2022). Border Region Attachment - An Empirical Study on Regional Social Capital in the French-German Border Area. CESifo Economic Studies, 68(4), 362–390 [Editor’s choice article].
Mahdavian, F.; Platt, S.; Wiens, M.; Klein, M. & Schultmann, F. (2020): Communication blackouts in power outages: Findings from scenario exercises in Germany and France. International Journal of Disaster Risk Reduction, 46(2020).
Klein, M.; Schulte, Y.; Wiens, M.; Fiedrich, F. & Schultmann, F. (2022). Analyse de la coopération transfrontalière dans le domaine de la protection civile (Untersuchung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Katastrophenschutz). Breugnot, J. (Hrsg.): Défis linguistiques et culturels pour la gestion des risques dans l’espace rhénan et ailleurs. Langues, sociétés, cultures et apprentissages, 50, 239-260.
