Welchen Einfluss haben Waldbrände auf die Standsicherheit von Felsen? Und wird der Aufenthalt im Gebirge zukünftig gefährlicher werden, wenn Felsblöcke ungebremst von Bäumen in die Tiefe stürzen? Dieses sind die zentralen Fragestellungen des Forschungsprojekts „Firerisk“, das jetzt seine Arbeit aufgenommen hat. Am 4. April 2025 fand eine erste Geländebegehung statt. Ein Team der TU Bergakademie Freiberg um Professor Christoph Butscher und Dr. Jörn Wichert untersucht gemeinsam mit der Karlsuniversität Prag und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW Dresden) ein bislang kaum erforschtes Feld, das mit dem Klimawandel und zunehmenden Waldbränden immer wichtiger wird.
Seit dem großen Brand in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz im Jahr 2022 beschäftigt sich das Freiberger Geologenteam mit den Fragen von Standsicherheit von Felsen und der erhöhten Gefahr für Menschen im Gebirge. Insbesondere in touristisch stark genutzten Gebieten wie dem Elbsandsteingebirge ist das Risiko hoch. Darauf weisen frühere Forschungsarbeiten hin: So untersuchte die TU Bergakademie Freiberg zusammen mit der TU Dresden den Einfluss von Bränden auf die Festigkeit von Sandstein und Granit. Zwei weitere Vorhaben widmeten sich der Problematik von Massenbewegungen in Gebirgen. Ein Projekt mit der Karlsuniversität Prag im sächsisch-böhmischen Elbsandsteingebirge untersuchte den internen Aufbau von verschiedenen Felsen, u.a. des Wehlturms der Felsenbühne Rathen. Zusammen mit der HTW Dresden wurden in einem groß angelegten Projekt im Kaukasus Arten von Massenbewegungen, Gefährdungen der Infrastruktur sowie die Standsicherheit von Böschungen untersucht. Die daraus gewonnen Daten dienten dem Aufbau eines Geoinformationssystems (GIS) und der Entwicklung entsprechender Sicherungskonzepte.
Ein wesentlicher Teil von „Firerisk“ ist die Untersuchung des im Elbsandsteingebirge anzutreffenden Phänomens der nicht durchfestigten Sandsteinfelsen. Es handelt sich hierbei vereinfacht gesagt um Felsen mit einer festen Sandsteinhülle und losem Sand im Inneren. Bisher ist nur wenig über den Aufbau dieser Felsen und deren räumliche Verbreitung bekannt. Um zu mehr Erkenntnissen darüber zu gelangen, sollen die bereits erprobten, zerstörungsfreien Verfahren wie geophysikalische Messungen sowie Methoden der Bildauswertung von Luftbildern weiterentwickelt werden.
Um die materialkundlichen Eigenschaften des Sandsteins vor und nach Bränden zu ermitteln, werden großmaßstäbliche Brandversuche mit unterschiedlicher Temperatur und Dauer durchgeführt. Die Ergebnisse sind entscheidend für die geplanten geotechnischen Brandmodelle, mittels derer die tschechischen und deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Standsicherheit bzw. das Verhalten von Felsen und von Schuttgängen innerhalb unterschiedlicher Brandszenarien berechnen.
Modelle für Nationalparkverwaltung und Bevölkerung
Sämtliche Raumdaten fließen in ein zweisprachiges GIS ein, welches als WebGIS auch der breiten Öffentlichkeit über die Projektseite zur Verfügung gestellt wird.
Das Thema Waldbrand wirft auch die Frage nach Konzepten für den Waldbestand aus naturschutzkundlicher Sicht auf. Aus diesem Grund fungieren die Nationalparkverwaltungen der Sächsischen und Böhmischen Schweiz ebenfalls als Partner im Projekt „Firerisk“.
Außerdem wird die Stadt Děčín eine „Felsengruppe“ aufbauen, die sich mit dem Gefährdungspotenzial durch Felsstürze oder Rutschungen in ihrem Zuständigkeitsgebiet beschäftigt. Das Projekt soll auch an tschechischen und deutschen Schulen vorgestellt werden. Anhand praktischer Untersuchungen und kleinerer Schulprojekte können sich die Schülerinnen und Schüler naturwissenschaftliche Zusammenhänge erarbeiten. Ziel dabei ist, die Jugendlichen an wissenschaftliches Arbeiten heranzuführen und das Interesse für MINT-Fächer zu wecken.