Deutschlands einziger Professor für Tiefbohrtechnik ist nur eine Rolle des vielseitigen Experten für die flüssigen Schätze des Untergrunds: Er betreibt den YouTube-Kanal „Spaß mit Tiefbohrtechnik“, ist Gitarrist in einer Happy-Metal-Band und hat ein Kinderbuch geschrieben. Seit Ende September ist Professor Matthias Reich offiziell im Ruhestand, wird aber weiter in Freiberg bleiben – und auf YouTube sowieso.

Was war Ihr prägendstes Ereignis an der Uni?

Das waren vielleicht meine ersten Fernsehauftritte. Im Jahr 2010 ist die Deepwater Horizon Bohrinsel im Golf von Mexiko explodiert und ich musste auf allen Sendern und in allen Formaten immer wieder erklären, wie so eine Katastrophe passieren konnte. Dabei habe ich viel gelernt – und ich bin als Experte für Tiefbohrtechnik bekannt geworden. Davon habe ich später sehr oft profitiert.

Mit welchen drei Emojis würden Sie ihre Zeit an der TUBAF beschreiben?

🤘🏻 Die „Pommesgabel“ der Rocker, denn ich habe ja sehr oft mit meinen Bands „Jung und Reich“, „Combo Caracho“ und „Cramer Band“ auf Studentenfeiern gerockt. 

🙃 Dann vielleicht den Glücks-Smiley, der auf dem Kopf steht, denn mein Job als einziger Tiefbohrtechnik-Prof. Deutschlands war der beste der Welt.

🤗 Tja... und dann noch den Umarmungs-Smiley. Ich bin nämlich extrem gern in Freiberg und werde auch weiterhin hierbleiben.

Wie viele Dissertationen haben Sie gelesen?

Ich habe ungefähr 20 Dissertationen gründlich gelesen, weil ich dazu Gutachten schreiben musste. Oft habe ich sie aber zumindest überflogen, weil ich als Dekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau gefühlt „unzählige“ Promotionsverteidigungen leiten musste.
Die Erstellung eines Gutachtens dauert manchmal mehrere Wochen, man muss sich schon sehr detailliert mit dem Thema und dem Inhalt auseinandersetzen.

Haben Sie einen Lieblingsplatz auf dem Campus?

Den Mensavorplatz! Da bin ich oft mit meinen Bands aufgetreten und habe gespürt, wie toll es ist, an einer kleinen Uni zu arbeiten, an der es keine Berührungsängste zwischen Studierenden, Lehrenden und dem Personal gibt.

In welchem Labor haben Sie am meisten Zeit verbracht?

An meinem Datenübertragungs-Versuchsstand bei uns am Tiefbohrinstitut. Die Anlage ist weltweit einzigartig, mir ist keine andere Universität bekannt, die einen Versuchsstand hat, mit dem die Datenübertragung in kilometerlangen Bohrsträngen simuliert und untersucht werden kann.

Sie bespielen seit einigen Jahren Ihren YouTube-Kanal „Spaß mit Tiefbohrtechnik“. Was macht mehr Spaß – Youtuber oder Professor sein?

Es gibt kein entweder – oder! Als Professor muss ich Lehrstoff so vermitteln, dass es jeder Studierende versteht. Dasselbe Konzept haben wir bei „Spaß mit Tiefbohrtechnik“, aber eigentlich ist es hier noch schwieriger. Jede oder Jeder soll jede Folge ohne Vorkenntnisse verstehen können, jedes Thema soll in 4 Minuten verständlich abgehandelt sein. Wenn man das mal versucht, merkt man, wie anspruchsvoll das ist! Durch die 100 Folgen von „Spaß mit Tiefbohrtechnik“ habe ich gelernt viele komplexe Zusammenhänge sehr einfach zu erklären. Das kommt mir als Professor auch sehr zugute.

Was würden Sie Ihrem Nachfolger nicht empfehlen?

Ich habe ihm gesagt, dass die Studierenden unsere wichtigste „Kundschaft“ sind. Projekte und Veröffentlichungen sind auch sehr wichtig, aber in erster Linie müssen wir junge Leute für sehr spezielle Berufe ausbilden.

Welche Fachliteratur müssen Studierende in Ihrem Fach gelesen haben?

Mein ganz neues Buch „Tiefbohrtechnik“, das in der letzten Woche meines aktiven Dienstes an der Uni beim Springer Verlag erschienen ist. Es ist ziemlich dick und wiegt über 1 kg.

Sie haben als Professor natürlich viel veröffentlicht, unter anderem auch ein Kinderbuch über Geothermie und fossile Energiequellen. Warum ist allgemeinverständliche Wissenschaftsvermittlung wichtig?

Weil die Tiefbohrtechnik ein Fachgebiet ist, über das man in der Schule praktisch gar nichts erfährt. Und was man nicht kennt, das will man auch nicht studieren. Deshalb haben wir leider chronisch weniger Absolventen als Job-Angebote.

Wenn Sie heute nochmal entscheiden würden: Welchen Studiengang an der TUBAF würden Sie wählen?

Ich habe ja leider gar nicht an der TUBAF studiert. Aber wenn ich nochmal studieren wollte, dann auch wieder einen Ingenieur-Studiengang. Ingenieure werden überall gesucht – und Sie wissen ja: dem Ingenieur ist nichts zu schwör. Ingenieur zu sein ist wahnsinnig vielseitig und spannend.

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