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Ab sofort können sich Studieninteressierte für den neuen deutschsprachigen Bachelor-Studiengang "Space Resources - Weltraumtechnologien" an der TU Bergakademie Freiberg bewerben. Als angehende Rohstoff-Ingenieurinnen und -ingenieure haben sie dabei insbesondere das Weltall im Blick und können einschätzen, wie Menschen künftig auf anderen Planeten mit Ressourcen sparsam umgehen können. Professor Carsten Drebenstedt, der die Idee zum Studiengang hatte und diesen maßgeblich mit entwickelt, erklärt im Interview, was Studieninteressierte wissen müssen.

Studium
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Prof. Drebenstedt
Prof. Dr. Carsten Drebenstedt

Die TU Bergakademie Freiberg ist die älteste Bergbauuniversität der Welt. Nun ist sie die erste in Deutschland, die den Studiengang "Space Resources" anbieten wird. Wie lassen sich Technologien von der Erde auf den Mond übertragen?

Die TU Bergakademie Freiberg verfügt über ein starkes, durchgängiges Ressourcenprofil, vom Aufsuchen, über den Abbau und die Aufbereitung / Verarbeitung von festen, fluiden und Energierohstoffen über die Nutzung der Rohstoffe zum Bauen von Anlagen und Maschinen und der Materialentwicklung bis zum Recycling, dem Management und der Nachhaltigkeitsforschung. All dieses Wissen werden beim Bau und Betrieb von Habitaten auf anderen Himmelkörpern ebenfalls benötigt. Es kommt also darauf an, die vorhandenen Kompetenzen auf andere, extremere Umweltbedingungen zu übertragen. Im Gegensatz zur Erde haben wir auf dem Mond beispielsweise eine geringere Gravitation, keine Atmosphäre, eine extreme Sonnen- und kosmische Strahlung, einen ständigen Beschuss mit Mikrometeoriten, extreme Temperaturen; der "Tag" hat 14 Erdentage - ebenso lange ist Nacht. Hinzu kommt der "Fachkräftemangel".  Sich diesen Umgebungsbedingungen zu stellen, erfordert jede Menge Kreativität, Erfindergeist, Fantasie und Innovationskraft. Wenn wir es schaffen, die Ressourcen vor Ort zu nutzen, können wir auch darüber nachdenken, Weltraumschrott als Rohstoffquelle zu recyclen und Rohstoffe von anderen Himmelskörpern, wie Asteroiden, zu nutzen. 

Die Vision ist, dass auf dem Mond künftig das Logo der TUBAF an Maschinen und Anlagen zu sehen ist, Astronautinnen und Astronauten ihren Weg über die TUBAF genommen haben.

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Visualisierung Habitate

Was bringen Weltraumtechnologien den Menschen auf der Erde, auch in Hinsicht auf heutige Technologien?

Wer in der Lage ist, für Menschen auf anderen Himmelskörpern ein sicheres Lebensumfeld zu sichern, kann das auf der Erde auch. Auf dem Mond oder anderen Himmelskörpern haben wir von allem zu wenig: Wasser, saubere Luft, Nahrung. Dazu extreme Umweltbedingungen. Wir sind gezwungen, Technologien mit einem hohen Grad an Autarkie, mit bedingungslosem Recycling, ohne Abfall und mit viel Robotik und Informationstechnologien zu entwickeln und anzuwenden. Themen, die auch für die Zukunft des Planeten Erde bei wachsender Weltbevölkerung und zunehmendem Ressourcenbedarf von existenzieller Bedeutung sein werden. Während wir auf der Erde sehr langsam vorankommen, da wir von allem noch genug zu haben scheinen, müssen wir auf dem Mond den Schalter sofort umlegen. Technologien aus der Weltraumtechnik leisten bereits heute bedeutende Beiträge für ein sicheres Leben auf der Erde. Neue Technologien der "Space Resources" werden das ebenfalls tun. Die Weltraumtechnik muss mit wenig Material und Energie auskommen sowie unter extremen Bedingungen mit extrem hoher Zuverlässigkeit funktionieren - denken Sie zum Beispiel an den Herzschrittmacher. 

Welche Rolle spielte die Weltraumstrategie von 2023 der Bundesregierung bei der Entwicklung des Studiengangs?

Eine Motivation für den Studiengang ist das ARTEMIS Programm der NASA mit dem Ziel der Rückkehr des Menschen zum Mond und eine permanente Präsenz dort, dem sich die Bundesregierung angeschlossen hat. Deutschland kann Unterstützung leisten, zum Beispiel mit Transportern (Landern). Wenn Menschen auf dem Mond leben und arbeiten werden, benötigen sie ein entsprechendes Umfeld dafür. Als Alternative zum immer noch sehr kostspieligen Transport von der Erde können benötigte Materialien und Energie auch vor Ort gewonnen und verarbeitet werden. Hier könnte Deutschland eine Führungsrolle übernehmen.

Welches sind die Inhalte des neuen Studiengangs? 

Der Studiengang ist interdisziplinär mit einem Schwerpunkt in den Ingenieurwissenschaften und starken Bezügen zu Informatik, Natur- und Geisteswissenschaften angelegt. Dies ergibt sich aus dem inhaltlichen Fokus. Wer auf anderen Himmelskörpern Habitate und Infrastruktur errichten möchte, muss sich mit der Beschaffung und Verarbeitung von Baustoffen, Energie, Nahrung, Wasser und atembarer Luft auskennen. Viele Aufgaben werden Roboter übernehmen, die mit Sensoren und künstlicher Intelligenz bestückt sind. Auch der rechtliche Rahmen, ethische, wirtschaftliche und Nachhaltigkeitsaspekte haben hohe Priorität und sind Bestandteil der Ausbildung. Die Studierenden haben im Hauptstudium die Möglichkeit sich je nach Neigung weiter zu spezialisieren, zum Beispiel in den Bereichen Rohstofftechnik, Maschinenbau / Verfahrenstechnik, chemische Stoffwandlung / Materialwissenschaften, Informatik oder Management. In jedem Semester gibt es spezielle Vorlesungen zu "Space Resources" mit Übungen, Seminaren und Exkursionen, die Wissenschaft und Praxis vermitteln. Am Ende des Studiums folgt ein Fachpraktikum und die Bachelorarbeit.

Welche Berufsaussichten oder welches weiterführende Studium bieten sich nach dem Abschluss an?

Es empfiehlt sich, in den Ingenieurwissenschaften einen Masterabschluss anzuschließen. Dafür kommen sowohl traditionelle Studiengänge an der TUBAF in Frage, beispielsweise Additive Fertigung oder Robotik, als auch Masterstudiengänge an Partnerhochschulen in Space-Engineering, Weltraum-Informatik oder Weltraum-Management. Tätigkeitsfelder eröffnen sich bei den Raumfahrtagenturen, wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der ESA und der NASA. AIRBUS und OHB sind bedeutende Adressen für den Bau von Raumfahrt- und Weltraumtechnik in Deutschland mit zahlreichen Zulieferern im klein- und mittelständischen Bereich in ganz Deutschland und Europa, so auch in Sachsen. Großforschungseinrichtungen wie Fraunhofer befassen sich ebenfalls intensiv mit den Themen rund um Space Resources. Ein Berufseinstieg ist auch in der zukunftsorientierten "New Space"-Gründerszene möglich. Da der Bachelor eine solide Ingenieur-Grundausbildung bietet, qualifiziert er neben dem Griff zu den Sternen natürlich auch für Berufe auf dem Arbeitsplatz "Erde".