Die terra mineralia ist eine Ausstellung, die ihre Gäste durch ihren Umfang ziemlich herausfordert. Wie viel kleiner ist die temporäre Schau, die jetzt in die vierte Etage des Schlosses Freudenstein eingezogen ist. „Schmelze“ heißt sie – vier Vitrinen mit mal zarten, mal schlackigen Objekten, spinnenbeindünne Fäden und ein zerlaufener Berg aus schwarzem Glas. Sie alle sind das Ergebnis einer Begegnung von Kunst und Wissenschaft. Angestoßen von der sächsischen Transferinitiative 4transfer haben Forschende der TUBAF Künstlerinnen und Künstler nach Freiberg eingeladen und das Forschungsprojekt myGlass vorgestellt.
Es ist nicht die erste Zusammenarbeit der TUBAF mit Künstlerinnen und Künstlern. Anfang Dezember hatte 4transfer eine erste Pop-Up-Ausstellung in Dresden initiiert. Auch Dr. Ralph Behrend war mit seiner Freundin dort und fand es interessant, wie Forschung in Kunst übersetzt wurde. Es folgte eine Einladung ins Institut für Wärmetechnik und Thermodynamik, wo Behrend als wissenschaftlicher Mitarbeiter forscht. „Wir haben die machen lassen“, sagt er. Bald stellte sich heraus: Die eingeladenen Künstler fanden nicht so sehr die fertigen Produkte spannend, die am Ende der Hochtemperaturprozesse stehen.
Reise in die Kulturgeschichte
„Uns hat das Flüssige interessiert, die Schmelze“, erklärt die Berliner Künstlerin Klara Adam. „Die Kunst arbeitet oft mit Materialien wie Ton oder Metallen. Dort entsteht die Form des Objekts im festen Zustand.“ TUBAF-Forscher Dr. Khaled Al Hamdan vom Institut für Glas und Glastechnologie ergänzt: „Die Form des Glases entsteht bei einer ausreichend hohen Temperatur, wenn die Schmelze eine geeignete Viskosität hat.“ Für die Künstlerinnen und Künstler ist das Projekt die Chance gewesen, mit einem Material zu arbeiten, das für sie nicht alltäglich ist. Gleichzeitig war ihr Besuch an der TUBAF war auch eine Reise in die Kulturgeschichte: „Wir leben in einer hochtechnisierten Welt, ganz weit weg von den Prozessen, in denen Gegenstände hergestellt werden. Jetzt hatten wir Kontakt dazu, bei 1.600, 1.700 Grad.“ Klara Adam beschreibt die Hitze, die sie trotz der Schutzkleidung beim Öffnen des Ofens gespürt hat: "Da hatten wir ein Gefühl dafür bekommen, wie sich die Welt formt."
"Wissenschaft ist mehr als das Forschungsergebnis"
Die kleine Ausstellung regt dazu an, über einen Werkstoff nachzudenken, der allgegenwärtig ist in Form von Trinkgläsern beispielsweise, der aber auch für Kunstwerke genutzt wird und in vielen Industrien, etwa bei der Herstellung von Thermofenstern und Halbleiterprodukten. Robert Verch vom Klub Solitaer e. V. aus Chemnitz hat das Projekt begleitet. Ihn reizt der Perspektivwechsel, den diese Begegnung ermöglicht: „Beiden Seiten wird der eigene Blickwinkel wieder bewusst. Wissenschaft ist ja viel mehr als nur das Forschungsergebnis. Die forschende Praxis und die Arbeit mit dem Ungewissen vereint beide Disziplinen. Die Kunst kann das sinnlich vermitteln.“
Der Austausch von Kunst und Wissenschaft ist nicht abgeschlossen. Noch während der Ausstellungseröffnung diskutieren Künstlerin Adam und Wissenschaftler Al Hamdan über die richtigen Verfahren zum Auskühlen von Glas. Und weitere Begegnungen werden folgen. Das Transferprojekt 4transfer will Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung beziehungsweise Politik und Gesellschaft in verschiedenen Aktionen zusammenbringen. Noch für dieses Jahr ist eine weitere Pop Up-Ausstellung geplant.
Die Ausstellung "Schmelze" in der terra mineralia in Freiberg ist noch bis 23. Mai 2024 zu sehen.
Schloss Freudenstein, Schlossplatz 4, Freiberg, Di-Fr 10-17 Uhr, Sa-So / Feiertage 10-18 Uhr
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