Er wurde mit hohen Ehren in den Ruhestand verabschiedet: Erst kürzlich hat er eine Universitätsmedaille für seine Verdienste erhalten; 2024 das Bundesverdienstkreuz. Professor Carsten Drebenstedt ist offiziell seit Oktober 2025 Emeritus. Davor hat er noch einen der neuesten Studiengänge der TUBAF initiiert – den Bachelor „Space Resources – Weltraumtechnologien“ – und ist nach wie vor als Botschafter der Uni in aller Welt unterwegs. Sein Blick ist nach vorne gerichtet, und da passt es auch gut, dass Carsten Drebenstedt der erste TUBAF-Emeritus ist, der diesen Fragenhagel beantwortet.
Was war Ihr prägendstes Ereignis an der Uni?
Im Jahr 2000 war ich gerade an der Uni angekommen und zum Prorektor gewählt worden. Dann erhielt die TU Bergakademie Freiberg von der Sächsischen Hochschulentwicklungskommission die Auflage, 131 Haushaltsstellen (damals circa 15 Prozent der Stellen) abzubauen! Die Aufgabe wurde in einem Konsensbildungsprozess unter breiter Beteiligung der Fakultäten und der Verwaltung gelöst. Mit dem „Ausstattungsmodell“ wurde eine Konsolidierung der Professuren und damit eine bessere, wettbewerbsfähige Ausstattung und Gleichbehandlung umgesetzt, die trotz anfänglicher Proteste und Sorgen bis heute positiv wirksam ist. Der Prozess hat gezeigt, wie wir gemeinsam Krisen bewältigen und gestärkt daraus hervorgehen können.
Mit welchen drei Emojis würden Sie Ihre Zeit an der TUBAF beschreiben?
😊👍🚀
2024 erhielten Sie das Bundesverdienstkreuz: Wie beschreiben Sie diesen Moment?
Ja, so eine Ehrung ist schon etwas Besonderes. Ich denke dabei zuerst immer an die vielen Menschen, die mich bei der Umsetzung von Ideen und Konzepten unterstützt haben, denn die Ehrung erfolgt für das Sichtbare, an dem viele beteiligt sind, ob in Familie, Verein oder Uni.
Wie viele Dissertationen haben Sie gelesen?
Als Hochschullehrer intensiv und mehrfach gelesen habe ich mindestens 90 Dissertationen 60 als Betreuer und 30 als Gutachter. Die Autoren kommen bisher aus 26 Ländern. Hinzu kommt etwa das Doppelte bis Dreifache in der Vorbereitung / Abgrenzung von eigenen wissenschaftlichen Arbeiten. Das Durcharbeiten eines Textes nimmt bis zu zwei Tage in Anspruch – da kommen schon ein bis zwei Jahre zusammen…
Haben Sie einen Lieblingsplatz auf dem Campus?
Das Gesicht und der Charakter unseres Campus haben sich in den letzten 25 Jahren sehr positiv verändert - unserer neues Hörsaalzentrum und Bibliotheksgebäude sind der bisherige Höhepunkt und ein starkes Argument, sich hier in Freiberg, wie in einem feinen Wohnzimmer, ungestört Wissen anzueignen. Einziger „Schandfleck“ ohne greifbare Perspektive ist „mein“ Tagebautechnikum, der Helmut Härtig Bau. Trotzdem liebe ich hier den Charme der 1950er Jahre und unsere Alumni fühlen sich im „Affenfelsen“ zu Hause … Wir machen inhaltlich das Beste daraus und ich komme gern hierher, wo ich den größten Teil meiner Lebenszeit verbracht habe. Die große Baumaßnahme am Tagebautechnikum, für die ich mich die letzten 10 Jahre eingesetzt habe, werde ich hoffentlich noch erleben.
In welchem Labor haben Sie am meisten Zeit verbracht?
Zuletzt ist es wieder das „Digital Mine Lab“. Wir demonstrieren hier, wie digitale Technologien für Lehre und Forschung entwickelt und eingesetzt werden. Hervorheben möchte ich physische Simulatoren, an denen wir Bergbaugeräte – digitale Zwillinge – konstruieren und in einer virtuellen Umgebung mit realen Eigenschaften, wie Gesteinsfestigkeit, testen, um sie dann weiter zu entwickeln. Vor Kurzem haben die Studierenden hier unter Nutzung von 3D-Druck einen Marsrover gebaut. 3D-Simulationen und Visualisierungen unterstützen die Wissensvermittlung im Unterricht und in digitalen Lehrbüchern. Meine erste Anschaffung als Professor war im Jahr 2000 ein 3D-Display zum stereoskopischen, räumlichen Sehen und das erste Großprojekt die Visualisierung der Entstehung des Elbsandsteingebirges. KI (Neuronale Netze) wenden wir seit 2010 regelmäßig an.
Was würden Sie Ihrem Nachfolger/Ihrer Nachfolgerin nicht empfehlen?
Mein Nachfolger wird seinen eigenen Weg gehen. Empfehlungen können nur missverstanden werden. Wenn es konkrete Fragen gibt, teile ich meine Erfahrungen gern.
Welche Fachliteratur müssen Studierende in Ihrem Fach gelesen haben?
Die Professur Bergbau-Tagebau vertritt im Geoingenieurwesen ein breites Themenfeld: von Planung und Organisation des Einsatzes von Bergbautechnik und -technologien, über Sicherheit, Wasserwirtschaft, Umweltschutz / Rekultivierung bis Bergwirtschaftslehre und Auslandsbergbau. Für jedes Fachgebiet gibt es einschlägige Literatur – Bücher und Zeitschriften. Zu empfehlen sind auch „alte Lehrbriefe“ mit Bestandswissen. Da die Professur noch drei englischsprachige Masterstudiengänge mit Vertiefungen anbietet und dazu die Bachelor „Space Resources – Weltraumtechnologien“ und „Responsible Production and Consumption“ ist die Liste der Literatur sehr lang. Wir schreiben auch selbst Fach- und Lehrbücher – bisher 27. Mit der Buchserie MiReBooks erscheinen zunächst bis 2028 mit Mixed Reality unterstützte Lehrbücher für die oben genannten Fachbereiche in englischer Sprache. Der erste Band „Sustainability in Mining und Mine Planning“ liegt in der Universitätsbibliothek vor.
Wenn Sie heute nochmal entscheiden könnten: Welchen Studiengang an der TUBAF würden Sie wählen?
„Space Resources – Weltraumtechnologien“ – da steckt alles drin, was den Traum vieler Schüler und Interessierter, auch meinen eigenen, an der Eroberung des Weltalls beteiligt und sogar Astronaut zu sein, erfüllen kann. Für unsere Uni bietet sich hier eine fantastische Gelegenheit sich weiter zu profilieren und vorn mit dabei zu sein, wenn Menschen in Kürze auf anderen Himmelskörpern präsent sein werden, da wir über alle nötigen fachlichen Voraussetzungen verfügen, um Habitate und Infrastruktur mit den Ressourcen vor Ort zu bauen und zu betreiben.
Ukraine, Mosambik, Mongolei… Sie sind viel gereist: Welches Land hat Sie am meisten überrascht?
Es überrascht mich jedes Mal, wenn ich in ein Land zurückkomme, was sich in der Zwischenzeit alles positiv entwickelt hat. Auch wenn ich ein Land das erste Mal besuche, halte ich nach dem Besonderen Ausschau und erlebe schnell, dass es vor allem die Menschen sind – freundlich, hilfsbereit, neugierig, aufgeschlossen. Auf über 500 Auslandsreisen habe ich immer Freunde gewonnen – was gibt es Wertvolleres im Leben?