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Kohlenstoff-Kreislauf-Wirtschaft

 

 

 

Chemisches Recycling

Chemisches Recycling - auch als rohstoffliches Recycling bezeichnet - basiert auf der Umwandlung von kohlenstoffhaltigen Abfällen in chemische Grundbausteine, um daraus neuwertige chemische Produkte herstellen zu können. Dadurch werden Abfälle zu Ressourcen im Sinne einer konsequenten Kreislaufwirtschaft und Kohlenstoff wird in neue Produkte eingebunden, anstatt, wie bei der Abfallverbrennung, als CO2 emittiert zu werden. Wir beschäftigen uns in dem Zusammenhang mit der primären thermochemischen Konversion unterschiedlichster Abfall- und Reststoffe durch Pyrolyse und Vergasung einschließlich peripherer Prozesse sowie der technischen, sozioökologischen und wirtschaftlichen Bewertung der gesamten Prozessketten vom Einsatzstoff bis zum Produkt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Integration von Strom und Wasserstoff aus regenerativen Quellen. 

Bei der Pyrolyse werden kohlenstoffhaltige Abfälle bei Temperaturen von ca. 400 - 600 °C in Abwesenheit von Luft thermisch in brennbare Gase, Öle und feste Rückstände zersetzt. Das erfordert die Zufuhr von Wärme und kann durch die Verwendung von Katalysatoren unterstützt werden. Es handelt sich um einen etablierten thermochemischen Prozess zur Herstellung von Öl und Wachs sowie zur Abfallaufbereitung für die Rückgewinnung von Metall und Fasern aus Verbundmaterialien. Die Verwendung des abfallbasierten Pyrolyseöls in Raffinerieprozessen als Naphta-Ersatz ist dabei ein bevorzugter Verfahrensweg für das chemische Recycling insbesondere von Altkunststoffen. 

Bei der thermochemischen Konversion durch Vergasung werden Kohlenstoffträger bei Temperaturen oberhalb von 700 °C mit einem Vergasungsmittel in ein H2- und CO-haltiges Gas umgewandelt. Dieses Synthesegas ist eine Basischemikalie der chemischen Industrie und Ausgangspunkt für ein breites Produktspektrum. Neben Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen können daraus die Plattformchemikalien Alkohole, Paraffine, Olefine und Ammoniak hergestellt werden. Der für diese Anwendungen meist bei hohen Drücken durchgeführte Vergasungsprozess wurde ursprünglich vor allem für die Konversion fossiler Energieträger entwickelt und weltweit angewendet, findet aber aufgrund der hohen Flexibilität zunehmend Interesse für die stoffliche Verwertung von Abfällen. 

Nachhaltige Wasserstoffproduktion

Bei der Realisierung einer klimaneutralen Volkswirtschaft spielt Wasserstoff eine zentrale Rolle. Die Bereitstellung des Wasserstoffs muss dafür selbst klimaneutral und damit nachhaltig erfolgen. Das betrifft insbesondere die Wasserstoffquelle und die Energiebereitstellung für den Gewinnungsprozess. Im Fokus unserer Forschung steht die Wasserstoffherstellung über elektrothermische bzw. thermochemische Konversionsprozesse. Dazu zählt die pyrolytische Spaltung von Methan, bei der sogenannter „türkiser“ Wasserstoff entsteht und die Vergasung bzw. Reformierung von biogenen Abfällen und Reststoffen mit anschließender Maximierung der Wasserstoffausbeute. 

Wasserstoff ist ein Hauptelement in der chemischen Struktur von Biomassen. Damit stellen biogene Energierohstoffe eine nachwachsende Wasserstoffressource mit hohem Nutzungspotential dar. Über den Prozess der elektrothermischen oder thermochemischen Vergasung können diese Biomassestrukturen bei hohen Temperaturen aufgebrochen und molekularer Wasserstoff gewonnen werden. Schließt sich ein Wassergas-Shift-Reaktor an, kann die Wasserstoffausbeute maximiert und das entstehende CO2 als Punktquelle einer stofflichen Nutzung zugeführt werden. Nachhaltig ist dieser Weg der Wasserstoffbereitstellung vor allem dann, wenn biogene Rest- und Abfallstoffe wie Wald- bzw. Holzreststoffe, Stroh und landwirtschaftliche Abfälle aber auch Klärschlamm, Fermentations- und andere Rückstände eingesetzt werden.

Methan ist ein effizienter Wasserstoffträger und hat in Form von Erdgas eine hohe Verfügbarkeit und ein riesiges Nutzungspotential. Wird Methan auf über 1000 °C erhitzt, erfolgt eine pyrolytische Spaltung zu molekularem Wasserstoff und Kohlenstoff. Die dafür erforderliche Energie kann sowohl klassisch thermisch als auch elektrisch über Widerstandsheizung oder Gasplasmen realisiert werden. Der Kohlenstoff fällt dabei in fester Form an und kann entweder einer stofflichen Nutzung zur Herstellung von Ruß, Elektroden usw. zugeführt oder weitestgehend ohne CO2-Emissionen gespeichert werden. Wird die Methanpyrolyse unter Verwendung von Strom aus regenerativen Quellen betrieben, ist der erzeugte „türkise“ Wasserstoff nahezu CO₂-neutral.

CO2-Neutrale Mobilität

CO₂-neutrale synthetische Flüssigkraftstoffe sind eine klimafreundliche Ergänzung zur Elektro- und Wasserstoffmobilität. Sie können Kraftstoffe aus fossilen Quellen nicht nur direkt ersetzen, sondern sie lassen sich auch in beliebigem Verhältnis mit diesen mischen (drop-in-Fähigkeit). Damit ist ein kontinuierlicher Übergang zu diesen Synthesekraftstoffen einschließlich der Nutzung der vorhandenen Infrastruktur für Verteilung und Vertrieb möglich. Auch die heutige Fahrzeugflotte kann weiterhin genutzt werden. Ein wesentliches Anwendungsfeld besteht zukünftig in den Bereichen, in denen die Elektro- und Wasserstoffmobilität an ihre Grenzen stößt. Das betrifft insbesondere die Flugzeugflotte, für die Flüssigkraftstoffe auch in der nächsten Zukunft unverzichtbar sind. Schwerpunkt unserer Forschungsarbeiten ist die Synthetisierung von „grünen“ Kraftstoffen auf der Basis von Methanol vom Labor- bis in den Pilotmaßstab einschließlich Katalysator- und Prozesskettenevaluierung.

Die Herstellung synthetischer Flüssigkraftstoffe ist über verschiedene Wege möglich. Der primäre Schritt ist zunächst die Synthesegasherstellung durch thermochemische Vergasung. Werden dafür biogene Energieträger eingesetzt, können „grüne“ Kraftstoffe hergestellt werden. Eine Alternative dazu ist die in der Entwicklung befindliche Nutzung von CO2 und elektrolysebasiertem „grünen“ Wasserstoff als Synthesegas. Mittels Fischer-Tropsch-Synthese können aus dem Synthesegas Diesel und Kerosin erzeugt werden. Ein anderer effizienter und flexibler Weg führt über die Methanolsynthese. Methanol, Plattformchemikalie und bereits selbst als Kraftstoff einsetzbar, ist dann der Ausgangspunkt für weitere Kraftstoffsynthesen, z. B. zu Benzin (MtG-Prozess) oder Dimethylether. Bereits heute ergänzen Synthesekraftstoffe allerdings auf der Basis fossiler Energieträger die klassischen erdölbasierten Kraftstoffe.