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Oppelt - Gründer Bergakademie

Ein geschichtlicher Abriss

Am 21. November 1765 wurde die Bergakademie Freiberg gegründet. Ihre Etablierung ist als eine Maßnahme der sächsischen Regierung zu betrachten, die Wirtschaft nach dem „Augusteischen Zeitalter“ und dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) durch verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe anzukurbeln, um damit gleichzeitig die hohe Staatsverschuldung zu überwinden. Charakteristisch für die Ausbildung und Forschung an der neuen Institution war und ist noch heute die enge Verbindung von Theorie und Praxis. Die Einrichtung erlangte recht bald den Ruf eines weltweit führenden montanwissenschaftlichen Lehr- und Wissenschaftszentrums. Die 1765 eingerichtete Bergakademie gilt heute als die älteste montanwissenschaftliche Hochschule der Welt. Nach ihrem Vorbild wurden zahlreiche weitere Bergakademien gegründet, z. B. in St. Petersburg, Russland (1773), Almadén, Spanien (1777) oder Mexiko (1792). Sie war und ist Heimstatt von Wissenschaftler:innen, die weltweit die Entwicklung der Montanwissenschaften und Technik beeinfluss(t)en. Hier wurden die zwei Elemente Germanium und Indium entdeckt. Seit ihrer Gründung zog die TU Bergakademie Freiberg Studierende aus aller Welt an, darunter Alexander von Humboldt sowie die Entdecker weiterer chemischer Elemente, wie Fausto und Juan José d’Elhuyar (Wolfram) und Manuel Andrés del Río (Vanadium). 

2015 beging die Technische Universität Bergakademie Freiberg ihr 250. Jubiläum; Mehr zur Geschichte der Bergakademie u.a.: Wissenschaft vor Ort. Bilder zu Geschichte und Gegenwart der TU Bergakademie Freiberg. 2. Auflage, Freiberg 2007

Gründung in Zeiten der Not - von Heynitz und von Oppel

Friedrich Anton von Heynitz, sächsischer Generalbergkommissar sowie Mitglied der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, unterbreitete gemeinsam mit dem Freiberger Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm von Oppel am 15. November 1765 dem in Freiberg weilenden Prinzregenten Xaver den Vorschlag, einen aus Landesmitteln finanzierten Geldfonds zur Einrichtung einer geometrischen Zeichenschule sowie einer metallurgischen und chemischen Schule in Freiberg bereitzustellen. Für das im Ergebnis des Siebenjährigen Krieges wirtschaftlich am Boden liegende Sachsen war als reformerische Maßnahme die Anhebung des Bildungsniveaus der mit spezifischen Aufgaben betrauten Beamtenschaft vorgesehen. Der Vorschlag ordnete sich daher gut in das Reformkonzept der Restaurationskommission ein. Schon ein halbes Jahr später konnten die Vorlesungen beginnen und die »Berg-Akademie« war geboren.

Abraham Gottlob Werner - Begründer der Geognosie

Ordnung in die Welt der Minerale und Gesteinsschichten brachte Abraham Gottlob Werner (1749-1817), der bedeutendste Gelehrte der Bergakademie in ihrer Anfangszeit. Er wurde 1775 als Lehrer an die Bergakademie berufen. Werner gilt als Begründer der Geognosie, der Lehre von der Struktur und dem Bau der festen Erdkruste, die als der Vorläufer der Geologie bezeichnet werden kann. Er schuf die Grundlagen, auf denen sich Mineralogie und Lagerstättenlehre als eigenständige Wissenschaften entwickeln konnten. 

Werner zog so bedeutende Persönlichkeiten wie Alexander von Humboldt, Franz Xaver von Baader, Leopold von Buch, Friederich Mohs oder Robert Jameson an. Unter Einfluss seiner Schüler entstand in England 1808 eine wissenschaftliche Gesellschaft, die Wernerian Natural History Society, deren Mitglieder sich einem breiten Spektrum der naturwissenschaftlichen Forschung widmeten, darunter der Mineralogie und der Pflanzen- und Insektenkunde.

Unter Werner entwickelte sich die Bergakademie Freiberg zu einem international be- und anerkannten und weltweit ausstrahlenden montanwissenschaftlichen Zentrum.

Wissenschaftliche Glanzleistungen

Mit August Wilhelm Lampadius (1772-1842) ging den Freibergern ein Licht auf. Der Professor montierte als Erster auf dem europäischen Kontinent eine Gaslaterne an sein Wohnhaus in der Freiberger Fischergasse und entwickelte das Prinzip der Gasbeleuchtung so weit, dass es erstmals auch für eine Industrieanlage eingesetzt werden konnte. Um die praxisnahe Lehre zu befördern, richtete Lampadius 1796/97 ein chemisch-metallurgisches Hochschullaboratorium an der Bergakademie ein.

Als bei der chemischen Analyse eines Minerals immer wieder eine Differenz auftrat, isolierte 1886 Clemens Alexander Winkler (1838-1904) das chemische Element Germanium und bestätigte damit das von Dmitri Mendelejew (1834-1907) entwickelte Periodensystem der Elemente, der in seiner Aufstellung mit dem »Ekasilizium« ein Element mit den Eigenschaften des Germaniums vorausgesagt hatte. Schon 1863 hatten der Chemiker Hieronymus Theodor Richter (1824-1898) und der Physiker Ferdinand Reich (1799-1882) das Metall Indium gefunden. Seinen etwas irreführenden Namen erhielt es wegen seiner charakteristischen indigoblauen Spektrallinie.

Chemische Elemente wurden auch von ehemaligen Studenten der Bergakademie entdeckt, so das Wolfram (1783) durch die Brüder Juan José (1754-1796) und Fausto d'Elhuyar (1755-1833) und das Vanadium (1801) durch Andrés Manuel del Río (1764-1849). 

Tiefer liegende Einsichten - Friedrich von Hardenberg (Novalis)

Der Romantik-Dichter Georg Philipp Friedrich von Hardenberg (1772-1801) - sein Künstlername Novalis bedeutet »der Neuland Bestellende« - verwendet 1798 von Freiberg aus zum ersten Mal dieses Pseudonym für seine literarischen Schriften. Von Ende 1797 bis Mai 1799 studiert er in Freiberg. Unter dem Eindruck von Vorlesungen, Exkursionen und Schichten untertage entstehen hier Werke wie »Blüthenstaub« oder »Hymnen an die Nacht«.

Viele Impulse nahm er aus dem Bergbau auf, um sie in seinem künstlerischen Gestalten zu verarbeiten. Tiefsinnige Gedanken über die Entstehung und das Innere der Erde werden verbunden mit Einsichten in das Wesen des Menschen, der Geschichte, der Gesellschaft. Das 5. Kapitel des Romanfragments »Heinrich von Ofterdingen« gibt ein unvergleichliches und unübertroffenes Bild des Bergbaus an sich, ja des Mythos Bergbau.

Zwar nicht als Studenten der Bergakademie, aber auch zu Studienzwecken, waren außerdem noch der Dichter und Naturwissenschaftler Michail Wassiljewitsch Lomonossow in Freiberg, der russische Zar Peter I., Johann Wolfgang von Goethe...

Der Karzer - lebendige Geschichte

Zu den eher kuriosen Fakten der Geschichte der Freiberger Bergakademie gehört der Karzer, der von 1851-1872 in Betrieb war und noch heute zu besichtigen ist. Anfangs saßen die Studenten hier beispielsweise wegen der Nichtabgabe von Büchern oder Belegen, später für schwerere Vergehen wie die Beleidigung von Lehrern oder Kommilitonen oder Auseinandersetzungen mit Freiberger Nachtwächtern ein. 14 Tage dauerte die längste im Karzerbuch belegte Strafe. In den rund 20 Jahren seines Bestehens wurden allerdings nur 48 Studenten mit Karzer bestraft.

Zwischen 1945 und 1990

Für den Aufbau der Grundstoffindustrie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1945 wurde an der Bergakademie Freiberg der Lehr- und Forschungsbetrieb rasch wieder aufgenommen. Die Hochschule erfuhr einen bedeutenden Ausbau ihrer räumlichen Kapazitäten. Damit einher ging eine Aufstockung des Personalbestandes sowie die Ausweitung der Kapazitäten in Forschung und Lehre. Das Lehrangebot veränderte sich durch die Einrichtung neuer Studiengänge. Zugleich wandelte sich die Zusammensetzung der Studentenschaft. Der Frauenanteil stieg steil an. Die Öffnung der Bergakademie für "Arbeiter- und Bauernkinder" erfolgte durch eine sozial bestimmte Vergabe der Studienplätze und durch den Aufbau der Vorstudienanstalt, ab 1949 Arbeiter- und Bauernfakultät (ABF) genannt.

An der Schwelle des 21. Jahrhunderts

Nach dem Eingliederung der Bergakademie Freiberg in das westdeutsche Hochschulsystem ist es ihr gelungen, sich auf Basis ihres einzigartigen Forschungs- und Lehrprofils rasch in der gesamtdeutschen Hochschullandschaft zu positionieren. Als erste ostdeutsche Hochschule wurde die Bergakademie Freiberg Mitglied der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ab 1993 konnte sie unter der Bezeichnung "Technische Universität" auftreten.

An allen sächsischen Hochschulen wurden nach 1990 die Lehrkörper neu gebildet. Alle Professoren verloren gewissermaßen ihre Stelle, neue Lehrstühle wurden geschaffen und ausgeschrieben. Im Ergebnis waren die Professuren zu 50 % von alten Lehrstuhlinhabern besetzt, zu 25 % von früheren Dozenten und Oberassistenten sowie zu 25 % übrigen aus Deutschland oder dem Ausland stammenden Fachleuten. Nach Abwicklung der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Sektionen wurde aufgrund der Bedeutung der Wirtschaftswissenschaften im Ausbildungsprofil der Bergakademie in den 1990er Jahren eine neue wirtschaftswissenschaftliche Fakultät mit 15 Professuren aufgebaut.

In den frühen 90er Jahren sanken die Studentenzahlen stark ab. 1993 gab es weniger als 2.000 Studierende. Eine umfassende Studienwerbung, das besondere Studienangebot in Freiberg mit neuen, zeitgemäßen Studiengängen wie Geoökologie, Umwelt-Engineering und Angewandte Naturwissenschaft sowie gute Stellenaussichten bei den meisten Studiengängen führten jedoch zu einer raschen Erholung der Studentenzahlen.

Das heutige Forschungs- und Studienprofil der TU Bergakademie Freiberg wird durch die Wissenschaftsgebiete Geo, Material/Werkstoffe, Energie, Umwelt und Wirtschaft charakterisiert. Die Universität ist führend bei der Drittmitteleinwerbung und nimmt bei den Drittmitteln pro Professor eine Spitzenposition im gesamtdeutschen Vergleich ein.