"Etablierung reduktiver, mikrobieller Verfahren zur Wasseraufbereitung und Wertstoffgewinnung aus Reststoffströmen"
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ESF-Promotionsstipendium
Sarah Kuß, Dipl.-Ch.
Laufzeit: 01/2025-12/2028
+49 3731 39-2354
sarah [dot] kuss [at] bio [dot] tu-freiberg [dot] de (sarah[dot]kuss[at]bio[dot]tu-freiberg[dot]de)
In der Montanregion Erzgebirge und angrenzenden Gebieten gibt es zahlreiche stillgelegte Bergwerke und mehrere Tausend Bergbauhalden. Diese Halden enthalten teilweise noch hohe Mengen an strategischen und kritischen Rohstoffen, stellen aber gleichzeitig auch eine Gefährdung für die Umwelt durch unkontrollierte Freisetzung schädlicher Elemente (Metalle, Metalloide, Sulfat) dar. Obwohl bereits große Gebiete saniert wurden, dauern die Auswirkungen des Altbergbaus auf dem Wasserpfad über viele Jahrzehnte bis Jahrhunderte an.
Eine effiziente Lösung für diese Problematik ist schwierig, weil Technologien für eine effiziente Extraktion der Rohstoffe aus den Halden bisher nicht wirtschaftlich umgesetzt werden konnten und aktive technische Behandlung von Bergbauwässern nur an wenigen Standorten mit hohen Schadstofffrachten ökonomisch überhaupt leistbar ist. An vielen Stellen treten aber relativ kleine Wasserströme aus Altbergbauliegenschaften aus, die bisher nicht behandelt werden können und in der Summe die Gewässer erheblich belasten, so dass in vielen Gewässern die Erreichung eines guten chemischen und ökologischen Zustandes entsprechend Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) nicht möglich ist.
Die geschilderte Problematik beschränkt sich nicht nur auf die Montanregion Erzgebirge, sondern ist typisch für Bergbauregionen weltweit. Eine große Rolle bei der Mobilisierung und Immobilisierung von Schadstoffen spielen mikrobielle Prozesse. Mikroorganismen besiedeln die oft chemisch extremen Standorte und beschleunigen einerseits die Freisetzung von Metallen aus (sulfidischen) Mineralen, andererseits kann ihre Fähigkeit, z. B. Redoxreaktionen zu katalysieren oder Metalle zu adsorbieren, wiederum zur Rückgewinnung von Metallen und Metalloiden genutzt werden, wenn sie unter den richtigen Bedingungen stimuliert werden. Einige Mikroorganismen, die in Bergbau-beeinflussten Habitaten heimisch sind, haben bemerkenswerte Eigenschaften für die Anwendung bei der Prozesswasseraufbereitung. Die zugrunde liegenden, reduktiven mikrobiellen Prozesse sind jedoch wenig untersucht und werden in Deutschland und Europa bisher nicht gezielt angewandt.
Durch Schließen dieser Wissenslücke können nachhaltige und effiziente biologische Verfahren zur Rohstoffgewinnung und Schadstoffabtrennung aus Halden und Bergbauwässern erreicht werden und somit ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz und der EU-WRRL geleistet werden.
Ziel der Promotion ist die Untersuchung von reduktiven, mikrobiellen Prozessen zur Entwicklung von nachhaltigen biologischen Verfahren zur Wasseraufbereitung und Wertstoffgewinnung aus sächsischen Reststoffströmen. Die Besonderheit liegt in der Nutzung von natürlich vorkommenden Mikroorganismen, die zur Eisen- bzw. Sulfatreduktion befähigt sind. Durch die mikrobiellen Reaktionen können verschiedene Wertmetalle selbst aus oxidierten Reststoffen gewonnen werden bzw. Schadstoffe und Sulfat aus Bergbau- und Prozesswässern abgetrennt werden und somit in einen umweltverträglichen Zustand überführt werden.
Dafür sollen zunächst speziell an die extremen Bedingungen angepasste, effiziente Stämme für die Prozessentwicklung von relevanten Standorten angereichert und weiter charakterisiert werden. Die notwendigen Methoden sind in der Arbeitsgruppe sehr gut etablierte und standardisierte Verfahren. Genetische Methoden sollen helfen, spezifische Gene die an der Sulfat- bzw. Eisenreduktion beteiligt sind zu identifizieren, um die grundlegenden, im Organismus ablaufenden Reaktionen zu verstehen und positiv zu beeinflussen.
Für die anschließende Verfahrensentwicklung wird in Bioreaktoren bzw. Säulen gearbeitet, welche eine gezieltere Steuerung der komplexen Prozesse und Untersuchung verschiedener Parameter auf die Effizienz des Prozesses zur Wertmetallgewinnung und Schadstoffabtrennung erlaubt. Dafür stehen am Institut entsprechende Bioreaktoren und chemische, mikrobiologisch sowie molekularbiologische Methoden zum Prozessmonitoring zur Verfügung. Mithilfe des chemischen und mikrobiologischen Monitorings können Veränderungen der Population besser beobachtet und bei Störungen im Prozess gezielt eingreifen werden. Hierfür kommen etablierten Methoden zur Quantifizierung spezifischer Gene (qPCR), sowie molekular Fingerprintingmethoden (T-RFLP) zum Einsatz. Alle genannten Methoden sind in der Arbeitsgruppe sehr gut etabliert und die neuen Primersysteme können gezielt auf das zu untersuchende System angepasst werden.