Vor 26 Jahren wurde der Mikrobiologe Prof. Dr. Michael Schlömann an die TU Bergakademie Freiberg berufen. Mit seiner Lehre und Forschung trug er maßgeblich dazu bei, die Biologie als Disziplin fest an der Universität zu verankern. Er war Dekan sowie Prorektor Bildung und übernahm 2008 kommissarisch die Hochschulleitung als Amtierender Rektor. Nun wird Michael Schlömann pensioniert. Aber nur formell: Der TU Bergakademie Freiberg bleibt er als Forscher erhalten, denn er hat noch viel vor!
Als Michael Schlömann 1998 den Ruf als Professor für Umweltmikrobiologie an die TU Bergakademie Freiberg erhielt, gab es hier für die Biologie noch nicht einmal ein Labor. Also pendelte er in den ersten beiden Jahren zwischen seiner früheren Universität in Stuttgart, wo er das Labor weiter für seine Forschung nutzen durfte, und Freiberg, wo die Lehrveranstaltungen stattfanden. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt finanzierte die Professur in den ersten fünf Jahren, danach wurde sie in den Stellenplan übernommen. Heute sind die Biowissenschaften an der Bergakademie nicht mehr wegzudenken. Seit 2006 gibt es eigenes Institut, dem jetzt zwei Professuren zugeordnet sind. „Ich habe Biologie studiert, weil mir immer die Umwelt wichtig war“, so Schlömann. „Und in der Umweltforschung kommt man an den Biowissenschaften nicht vorbei.“ Das gelte besonders auch für die TU Bergakademie Freiberg, die ab Mitte der 1990er Jahre auch ihr umweltwissenschaftliches Profil schärfte und mit Geoökologie, Umweltengineering und Angewandte Naturwissenschaft erfolgreich drei neue Studiengänge in diesem Bereich einführte. Mit dem Interdisziplinären Ökologischen Zentrum (IÖZ) gründete die Universität 1996 eine Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung, die nicht nur die fächerübergreifende Zusammenarbeit voranbrachte, sondern auch für mehr Sichtbarkeit der umweltbezogenen Forschung und Lehre sorgte. Michael Schlömann war der erste Professor, der direkt ins IÖZ berufen wurde. Fruchtbar war und ist bis heute auch die enge Kooperation mit den Praxispartnern des IÖZ. „Sie hat meine Forschung stark geprägt“, sagt er.
Als Mikrobiologe beschäftigt sich Prof. Schlömann mit Kleinstlebewesen wie Bakterien oder Archaeen. Gerade im Zusammenhang mit dem Bergbau und seinen Folgen können Mikroorganismen Wertvolles leisten: Sie reinigen kontaminierte Böden und Wässer und können Rohstoffe aus Erzen lösen. Grundlagenforschung oder angewandte Wissenschaft? Michael Schlömann hat stets beides interessiert: Zu verstehen, wie die Prozesse im Grundsatz funktionieren. Aber auch, wie sich die Erkenntnisse praktisch nutzen lassen. 2013 erschloss er mit dem Einwerben der Förderung für das Biohydrometallurgische Zentrum (BHMZ) bei der Krüger-Stiftung ein neues Arbeitsfeld, das bis heute prägend für die biowissenschaftliche Forschung an der TUBAF ist.
„Am Anfang ging es vor allem um organische Schadstoffe in der Umwelt. In den 90ern war das brisant. Zum Glück ist die Industrie deutlich sauberer geworden, sodass wir uns auch anderen Themen zuwenden konnten, wie zum Beispiel einer umweltfreundlichen Weißen Biotechnologie“, blickt er zurück.
Engagement für Universität und Stadtgesellschaft
In seiner Amtszeit als Prorektor Bildung von 2006 bis 2010 war die Modularisierung der Studiengänge im Rahmen der Umstellung auf Bachelor/Master ein zentrales Thema, das Michael Schlömann beschäftigte. Zudem brachte er die Graduierten- und Forschungsakademie (GraFA) auf den Weg, die junge Forschende systematisch unterstützt und über die fachlichen Inhalte hinaus berät und weiterbildet. 2008 übernahm er für fünf Monate die Position als Amtierender Rektor. „Eine schöne Erfahrung“, sagt er. „Denn in diese Zeit fiel die Eröffnung der terra mineralia“ – zweifellos ein Höhepunkt der jüngeren Universitätsgeschichte.
Auch außerhalb der Bergakademie macht sich Prof. Schlömann in Freiberg einen Namen. Von Anfang an engagierte er sich im Demokratie-Netzwerk „Freiberg für alle“ und setzte sich während der Corona-Pandemie unermüdlich dafür ein, auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten zu diskutieren. Immer wieder erklärte er die Funktionsweise von mRNA-Impfstoffen oder PCR-Tests und ließ sich auch von teils heftigen Anfeindungen nicht abschrecken.
Viel ruhiger wird es um Michael Schlömann auch jetzt nicht werden. Er bleibt weiter als Forscher am Institut für Biowissenschaften und hat noch viel auf seiner Liste: Die Beschreibung einer neuen Ferrovum-Art beispielsweise oder die Biolaugung von Erzen mit Mikroorganismen, die auch Chlorid vertragen. „Ziel wäre, dass es auch mit Meerwasser funktioniert. Das würde etwa in der chilenischen Atacamawüste, wo Süßwasser extrem knapp ist, neue Möglichkeiten für den Bergbau eröffnen.“ Mit Chile hat er seit einem Forschungsaufenthalt 2013/14 ohnehin eine besondere Verbindung, die er weiter pflegen will. Für eine belastete Region wie Freiberg besonders interessant ist ein weiteres Projekt: Die Gewinnung wertvoller Metalle wie Kobalt oder Nickel aus Erzen mit gebundenem Arsen – ohne dass giftige Dämpfe aufwändig und teuer aufgefangen werden müssen. Vielversprechend ist laut Michael Schlömann zudem ein neues Recyclingverfahren, bei dem Bakterien durch Auflösung von Lötzinn eine Anreichung von wertvollen Elementen wie unter anderem Silber und Tantal aus Elektroschrott ermöglichen. Im Labor funktioniert es schon. Der nächste Schritt wäre eine Pilotanlage, für die er gerade Praxispartner sucht.