Drei TUBAF-Studentinnen sind bei einem Ausgrabungsprojekt bei Eisleben in Sachsen-Anhalt dabei. Gemeinsam mit Emeritus Professor Jörg Schneider holen sie eine Welt ans Licht, die vor rund 260 Millionen Jahren noch ganz anders aussah als heute. Die große Anzahl der unterschiedlichen Fossilien, die bei den Ausgrabungen im Sommer zum Vorschein kamen, ist dabei einmalig in Europa. Im August und September 2025 ist das internationale Team wieder im Raum Eisleben unterwegs. Studierende, die an dem Ausgrabungspraktikum teilnehmen wollen, können sich schon jetzt excavation [dot] wolferode [at] gmail [dot] com (beim Team anmelden).
„Heute ist der auflässige Steinbruch, in dem wir graben, umgeben von Wald und Feldern. Damals im Perm war die heute von Wald, Obstbäumen und Landwirtschaft geprägte Region um die Lutherstadt Eisleben eine flache Senke in einer Steppen- und Wüstenlandschaft. Die Tagestemperaturen waren sehr hoch, in der Nacht konnten sie wie in heutigen Wüstengebieten unter den Gefrierpunkt sinken. Diese Temperaturschwankungen spiegeln sich auch im Gestein wider, denn wir haben sowohl Salzkristallmarken als auch Eiskristallmarken gefunden. Die Vegetation war dürftig und nur in der Regenzeit entstanden flache Tümpel und Seen. In deren Umgebung lebten kleine Ursaurier und eine Vielzahl von Arthropoden, deren Fußspuren und zum Teil auch Körperabdrücke wir gefunden haben.“ beschreibt Jenny Buchholtz, Studentin im Studiengang Master Geowissenschaften (4. Semester).
„Mit Spitzhacke und Schaufel, Hammer, Meißel und Pinsel legten wir Fährten von Sauriern und Gliederfüßern sowie Körperabdrücke fossiler Libellenlarven und Süßwasserquallen frei.“ erzählt Vanessa Grießbach, Studentin im Studiengang Bachelor Geowissenschaften, 3. Semester. „In jeglichen Bereichen des Lebens ist Kommunikation und Teamwork ein Vorteil. Bei diesem Ausgrabungspraktikum fühlte und lernte ich, dass die offene Kommunikation, der starke Teamgeist und die fantastische Stimmung die harte Arbeit sehr erleichtert. Ich habe mir die Technik, wie man eine Fundschicht abbaut, ohne die nächste zu zerstören, angeeignet und viele Fossilien gefunden. Es erstaunte mich, wie vorsichtig man sein muss. Es war eine tolle Erfahrung und ich habe einiges gelernt.“
Mehrtägiger Einsatz für internationales Team
Fast zwei Wochen lang waren insgesamt 7 Studierende der Universitäten von Pisa/Italien, Bonn/Deutschland, Freiberg/Deutschland und Cork/Irland mit ihrem Werkzeug im Steinbruch unterwegs. Begleitet wurden sie dabei von den TUBAF-Alumni und Grabungsleitern Daniel Falk (Doktorand an dem University College Cork, Irland), Dr. Michael Buchwitz (Museum für Naturkunde Magdeburg) und dem emeritierten Paläontologie-Professor Jörg Schneider von der TU Bergakademie Freiberg. Zudem unterstützten ehrenamtliche Helfer wie Rohland Möhring (Museum für Naturkunde Magdeburg) die Arbeiten tatkräftig.
„Ehrlich gesagt, war ich zunächst ziemlich unsicher, ob mein Englisch gut genug sei. Es war meine erste Grabung, und dann gleich in einem internationalen Team. Aber als es dann losging, hat es von der ersten Minute an Spaß gemacht. Ich habe meinen fachlichen Horizont sehr erweitert. Auch die international geprägten Abendessen im gemeinsamen Quartier haben eine Menge Spaß gemacht und mir einen kleinen Einblick in die unterschiedlichen Kulturen gegeben“ berichtet Anna-Marie Schmidt, 3. Semester im Bachelor-Studiengang Geowissenschaften.
Die Zusammenarbeit mit internationalen Studierenden hebt auch Anna Schöneberger, Studentin der Universität Bonn, hervor.
„Man lernt unglaublich viel voneinander und es bilden sich Freundschaften, die über die Grabung hinaus bestehen bleiben. Ich freue mich schon auf das nächste Jahr.“ Anna schreibt gerade ihre Masterarbeit über Saurierspuren und war dennoch mit vollem Einsatz dabei. „Wir lernen zu verstehen, unter welchen Bedingungen derartige Sedimente gebildet werden. Gelände- und Grabungspraktika zeigen uns wie Gesteine, die wir sonst nur aus den Schubkästen der Lehrsammlung kennen, wirklich miteinander und mit bestimmten Bildungsräumen und Bildungsbedingungen im Zusammenhang stehen. Diese praktischen Erfahrungen sind auch in der beruflichen Welt hoch angesehen“, ergänzt sie.
„Hier ist jetzt alles möglich“
Die Arbeiten bezeichnet das Team als die erste große systematische paläontologische Grabung in der sogenannten Hornburg-Formation des jüngsten Rotliegend in Deutschland. „Mit so vielen Funden – besonders den großen Platten mit Insekten- und Saurierfährten – haben wir dieses Jahr noch nicht gerechnet. Zudem haben wir auch Fossilien gefunden, von denen es in der Lokalität bisher noch keine Nachweise gab. Das ist wunderbar! So können wir uns ein Bild von dem urzeitlichen Ökosystem machen“, sagt Doktorand Daniel Falk, einer der Initiatoren der Grabung.
Der gebürtige Brandenburger war schon als Kind von der Paläontologie begeistert und studierte von 2008 bis 2014 an der TUBAF Angewandte Paläontologie und Stratigraphie. Momentan schließt er seine Promotion in Irland ab.
Wie die Fossilienfunde beweisen, herrschte trotz widriger Umweltbedingungen in den flachen Tümpeln reges Leben: „So mancher Fährtenerzeuger rutschte auf den nassen und verformbaren Tonschichten aus oder sank tief ein. Die Tümpel waren zudem die Heimat von tausenden kleiner Süßwasser-Quallen, deren Abdrücke sich ebenfalls finden lassen. Knochenfunde sind noch nicht belegt, aber nicht ganz ausgeschlossen. Hier ist jetzt alles möglich!“, merkt Dr. Michael Buchwitz optimistisch an. Buchwitz ist Spezialist für Saurierfährten und stellvertretener Leiter des Museums für Naturkunde Magdeburg. Von 2001 bis 2007 studierte er in Freiberg Geologie schloss und seine Dissertation im Fach Paläontologie im Jahr 2011 ebenfalls in Freiberg ab.
Weitere Grabungen geplant
„Die Fossilien sind einmalig in Europa“, erzählt Prof. Dr. Jörg Schneider begeistert. Auch für angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist die Grabung spannend: „Studierende können in dem Steinbruch viel zur Sedimentologie und Paläontologie lernen und dabei auch Masterarbeiten durchführen (excavation [dot] wolferode [at] gmail [dot] com (Kontakt für interessierte Studierende)).
Rund 80 Kisten mit Funden aus der Grabungs-Expedition wurden im September an das Museum für Naturkunde Magdeburg geliefert. Dort werden die Funde präpariert und untersucht. Im August und September 2025 ist das internationale Team wieder im Raum Eisleben unterwegs. Die Forschenden erhoffen sich dann neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Verhaltensweisen der Urzeit-Tiere, welche die Spurenfossilien hinterließen. Zudem wird in Zukunft auch eine genauere Einschätzung des Alters der untersuchten Gesteinsschichten möglich sein.
Das Grabungsteam bedankt sich herzlich bei dem Grundstückseigner Dipl.-Ing. FH Jürgen Waschkuhn, dem University College Cork und dem Museum für Naturkunde Magdeburg, dem Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt und dem Irish Research Council für Unterstützung.