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Warum sollte ich mich für dieses Masterstudium interessieren, wenn ich einen Bachelorabschluss in einem der folgenden Bereiche erlangt habe:

Physik: Sie haben eine solide theoretische Ausbildung in der Physik genossen und wollen nun Quantenmechanik auf Festkörper und Moleküle anwenden, um elektronische Eigenschaften aus rein theoretischen Betrachtungen (d.h. ohne experimentellen Input) vorherzusagen. Sie interessieren sich für Informatik und möchten lernen, wie man robuste und skalierbare numerische Algorithmen entwickelt und performante wissenschaftliche Software programmiert.

Chemie: Sie waren in ihrem Chemiestudium immer mehr an der Theorie als an Laborarbeit interessiert und wollen sich nun in der "Computational Chemistry" versuchen, also chemische Bindungen, Reaktionen und (supra-)molekulare Eigenschaften von Stoffe vorhersagen. Neben der semi-empirischen Dichtefunktionaltheorie und ab-initio quantenchemischen Methoden zur Charakterisierung von elektronischen Strukturmerkmalen kann hier z.B. auch Molekulardynamik genutzt werden, um die zeitliche Entwicklung molekularer Systeme bei gegebenen thermodynamischen Bedingungen vorherzusagen.

Informatik und Ingenieurwissenschaften: Sie haben einen soliden Hintergrund in Programmierung und numerischen Berechnungen/Algorithmen, finden aber auch die Naturwissenschaften faszinierend. Hier lernen Sie einerseits, wie Sie Ihre bisher erworbenen Fähigkeiten zur Implementierung physikalischer und chemischer Software nutzen können und andererseits, wie man Rückschlüsse von den berechneten Daten auf makroskopische Eigenschaften von Materialien schließt.

Mathematik: Sie haben ein fundamentales Mathematikstudium hinter sich, möchten aber mehr über die Modellierung von realen Phänomenen lernen. Wir zeigen Ihnen, wie man mathematische Methoden auf Probleme in der Physik oder Chemie anwendet. Zum Beispiel für die Vorhersage makroskopischer Eigenschaften von mikroskopischen Komponenten/Bauteilen.

Hintergrund

Die Computermodellierung und Simulation von Kristallen und molekularen Strukturen stellt bereits eine bewährte Methode in den Materialwissenschaften dar, um Festkörper- und Oberflächeneigenschaften zu charakterisieren. Es gibt praktisch keine aktuelle wissenschaftliche Publikation experimentell gemessener Daten, die ohne einen Vergleich mit einem theoretisch berechneten Ergebnis auskommt. Dies gilt insbesondere für das weite Feld der Festkörperphysik, z.B. bei thermodynamischen und optischen Messungen, aber auch für viele Disziplinen in der Chemie, die sich mit (supra-)molekularen Bindungen und verschiedenen Arten der Spektroskopie wie NMR, IR, Raman oder UV/VIS beschäftigen.

Allerdings ist die Bestätigung dieser experimentellen Daten nicht die einzige Anwendung der s.g. "Computational Physics and Chemistry". Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Modellierung neuer Materialien, die entweder technisch schwierig handhabbar (z.B. wegen Radioaktivität) oder zu teuer sind, um im Labor in ausreichend großen Mengen hergestellt zu werden. Die Möglichkeit ganze Materialklassen bzgl. einer spezifischen Eigenschaft wie Brechungsindex, Wärmekapazität oder Kompressibilität zu rastern (Screening), hat die Computerphysik in eine herausragende Stellung u.a. in der Luft- und Raumfahrttechnik gebracht. Weitere Anwendungsbeispiele sind die Vorhersage von (Halb-)Leitereigenschaften, Ermittlung von kinetisch vs. thermodynamisch bevorzugten Reaktionswegen einschließlich Katalyse, Beschreibung supramolekularer Komplexbildung, Untersuchung von Labilität gegenüber Stabilität unter Umgebungsbedingungen, Modellierung der toxikologischen Wirkung verschiedener Substanzen und das Verständnis makroskopischer Mechanismen mittels physikalischer und chemischer Eigenschaften der beteiligten Stoffe im Allgemeinen.

Diese Vielfalt an Möglichkeiten, ausgehend von fundamentaler Theorie Aussagen über verschiedenste Material- und Stoffeigenschaften sowie über komplette Reaktionswege treffen zu können, bewegt die Industrie dazu ganze Farmen von Computerverbänden, s.g. High-Performance Computing Cluster zu erwerben und sucht entsprechend nach Absolventen mit fundierten Kenntnissen und Fähigkeiten in der Computerphysik und -chemie.

Besonders für Studierende der "Angewandten Naturwissenschaft" mit ihrer breit gefächerten Ausbildung ist die "Electronic Structure Theory" eine ideale Spezialisierung, sofern man sich für theoretische Konzepte und deren Anwendung auf Modellierungsebene interessiert. Die Schlüsselkompetenz, die in dieser Vertiefung vordergründig vermittelt werden soll, ist die Fähigkeit, komplexe Klassen von Problemen zu lösen und sich in kurzer Zeit in neue Gebiete einzuarbeiten, anstatt mehrere spezifische Einzelfälle auswendig zu lernen. Daher kann das Wissen, das während dieses Masterstudiums erworben wird, leicht auf ein breites Feld von anderen Problemen übertragen werden.

Eine Einordnung der Vertiefung in den Masterstudiengang "Angewandte Naturwissenschaft" ist in Abb. 1 gezeigt, der Studienablaufplan ist in Abb. 2 zu finden.

Abb. 1: Übersicht der Vertiefungen im Master

Abb. 2: Studienablaufplan MNAT Vertiefung

Bei Fragen und Beratungswünschen richten Sie sich bitte an Prof. Dr. J. Kortus. Weitere Informationen zum Masterstudiengang "Angewandte Naturwissenschaft" finden Sie hier.