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2D-Chromatogramm
Elutionsmuster von Verbindungen in einem Pyrolyseöl aus Reifen analysiert mit komprehensiver Gaschromatographie (GCxGC) und umgekehrter Säulenkombination (polar x unpolar)

Prozesse zur Herstellung von Grundchemikalien basieren fast vollständig auf fossilen Ressourcen und überwiegend auf Erdöl. Da für dieses mittelfristig eine Verknappung erwartet wird, werden alternative Möglichkeiten zur Versorgung der chemischen Industrie mit Grundstoffen gesucht. Eine dieser Möglichkeiten ist die Pyrolyse, bei der höhermolekulare Verbindungen thermisch und unter Sauerstoffabschluss in kleinere Verbindungen überführt werden. In der Regel werden feste, flüssige und gasförmige Produkte erhalten. Als alternative Einsatzstoffe werden vor allem erneuerbare Rohstoffe wie Biomasse, fossile Rohstoffe wie Kohle, aber auch das Recycling von Kunststoffen (z.B. Altreifen) untersucht.

Die Entwicklung von innovativen technischen Prozessen im Labormaßstab oder industriellen Maßstab erfordert eine umfassende und detaillierte Analyse der Produkte, deren Zusammensetzung vom Einsatzstoff und den Prozessbedingungen abhängt. In diesem Projekt werden analytische Methoden zur Aufklärung komplex zusammengesetzter Pyrolyseöle verschiedenster Herkunft entwickelt. Hierfür werden zwei hochauflösende instrumentell-analytische Methoden verwendet: komprehensive Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GCxGC-MS) und Fouriertransform-Ionenzyklotronresonanz-Massenspektrometrie (FT-ICR-MS). Beide Methoden eignen sich besonders zur Aufklärung hochkomplexer Proben wie Pyrolyseölen.

In der GCxGC werden zwei in Serie geschaltete und mit einem Modulator verknüpfte Säulen unterschiedlicher Polarität verwendet. Im Vergleich zu eindimensionaler GC hat die GCxGC einige Vorteile: eine signifikant höhere Peakkapazität, strukturierte zweidimensionale Chromatogramme und eine niedrigere Nachweisgrenze. Durch die Kopplung mit einem Massenspektrometer können die getrennten Verbindungen strukturell charakterisiert werden. In einem typischen Pyrolyseöl aus Kohle, Biomasse oder Plastik können üblicherweise einige hundert bis über tausend Verbindungen detektiert werden. Aufgrund der hohen Datenmengen ist die Verwendung von Algorithmen für die Auswertung zwingend erforderlich. Ziel aktueller Forschung ist dabei die Ableitung von Strukturen möglichst aller beobachteten Verbindungen in einem Chromatogramm und die Entwicklung von Methoden zur automatischen Klassifizierung der Verbindungen in Substanzklassen auf der Basis ihrer Massenspektren.

Verschiedene Prozesse während der Pyrolyse oder in der kondensierten Phase führen zur Bildung von hochmolekularen Verbindungen in den Pyrolyseölen. Da diese Verbindungen einer Analyse mit der GC nicht zugänglich sind, werden diese direkt mit Methoden der hochauflösenden Massenspektrometrie analysiert (FT-ICR-MS). Hierfür werden verschiedene Ionisationsmethoden wie Elektrosprayionisation (ESI), chemische Ionisation bei Atmosphärendruck (APCI) oder diverse Methoden der Laserdesorptionsionisation (LDI) entwickelt. Massenspektren typischer Pyrolyseöle zeigen tausende von Ionen mit Molmassen zwischen 250 und 1000 u, aus deren exakten Massen die Summenformeln berechnet werden können. Allerdings können aus diesen Informationen keine Strukturinformationen abgeleitet werden, weshalb die aktuelle Forschung auf die Entwicklung von Methoden zur strukturellen Charakterisierung dieser Vielstoffgemische mithilfe von Kollisionsexperimenten abzielt.