Historische Wasserversorgung
Lage | Geschichte | Wasser/Abwasser | Verkehr | Bergbauliche Standorte | Kultur &Sport | Literatur &Quellen
Historische Wasserversorgung und Abwasserableitung | Besonderheiten in Freiberg | Historische Wasserversorgung | Historischer Abriß | Anzüchte heute |
![]() | Ende des 14. Jahrhunderts trat für die Stadt wieder Wassermangel, hervorgerufen durch den Bergbau (Aufschlagwasser) und durch die Hüttenindustrie auf. Aus diesem Grund wurde der Wasserstolln (auch Erbstolln bzw. Saustolln) gebaut. Bis Ende des 16. Jahrhunderts war er die erste öffentliche Wasserleitung und gleichzeitig die Hauptwasserversorgung der Stadt. Das Wasser kam aus der Brander Gegend (Zugspitze und Galgenberg) und endete beim Peterstor. Die Stollnlänge betrug ca. 3500 m und seine Bauzeit dauerte etwa 40 Jahre (erste urkundliche Erwähnung 1420).Die Stolln und die Röschen wurden vorrangig in der Steinschleusenbauweise gebaut. Zur Sicherung der Wasssergebiete wurden die angrenzenden Benutzungsflächen von der Stadt gemutet und belehnt, damit dort kein Bergbau betrieben wurde. Doch durch das Auffahren des Hohbirkner Stolln, Alter und Neuer Fürstenstolln und des Weinstockstolln in der Mitte des 16. Jahrhunderts trat abermals Wassermangel für die Stadt auf. In dieser Zeit wurde für die Bergbauwasserversorgung (Aufschlagwasser) die Kunstteiche (Großhartmansdorfer Teich und Hüttenteich in Bertelsdorf) sowie die entsprechenden Kunstgräben angelegt. Dabei wurde auch weiteres Wasser dem Münzbach entzogen. |
Beispiele für ausgewählte Röschen im Freiberger Raum nach MUCKE (1) | |
![]() | 1. Kannegießerleitung Sie war die bekannteste und bedeutenste Trinkwasserleitung im 16. Jahrhundert. 1520 begann der Bau einer Rösche von einem gefaßten Brunnen im Hospitalwald nahe der "Öderischen Straße" durch die Stadt. Aufgrund der hohen Baukosten wurde der Bau der Rösche abgebrochen. Der Glocken- (und Kannen-) Gießer Martin Hilliger ließ die Leitung auf eigene Kosten innerhalb von 2 Jahren fertigstellen (1526). Die ca. 2,2 km lange Rösche - die "Kannegießerrösche" - führte bis zum Hospital St. Johannis und anschließend als Röhrleitung bis zum Peterskirchhof. Dort befand sich der Wasserkasten in einem Wasserhaus. Die Stadt überließ für immer Martin Hilliger kostenlos ein Drittel der geförderten Wassermenge, die er direkt über Röhrleitungen in seine Häuser leitete. Die Kannegießerleitung war bis zur Umgestaltung der Freiberger Wasserversorgung 1870/71 die Haupttrinkwasserleitung der Stadt. 1868 wurde ein neuer Wasserbehälter mit einem Volumen von 113 Kubikmeter eingebaut. | ||
Kannegießerrösche (Foto: GEOMONTAN) | |||
Das ankommende Wasser wurde in großen Wasserkästen gesammelt, dort entnommen oder direkt über hölzerne Röhrleitungen zu den Häusern geführt. Das überschüssige Wasser lief als Überlauf in die offenen Wassergräben, sogenannte "Flöße", in der Straßenmitte ab. Mit Hilfe von Wehren wurde das Wasser gestaut, damit für eventuelle Brände schnell ausreichend Löschwasser vorhanden war. Die Gesamtlänge der "Flöße" betrug etwa 8 km. Der Verlauf der Flöße in der Burgstraße ist auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1880 deutlich sichtbar. | |||
Wasserversorgung nach 1870/71 | |||
Auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts trat zum wiederholten Male Trinkwassermangel auf. Um dieses Defizit in den Griff zu bekommen, wurde in den Jahren 1870/71 die Wasserversorgung generell umgestaltet. Nach einem Vorschlag des Ingenieur Gruner aus Tharandt wurde für die Stadt eine getrennte Wasserversorgung empfohlen; 1. das Trinkwassersystem und 2. das Brauchwassersystem. Die Trinkwasserversorgung erfolgte über 32 öffentliche Brunnen in den Straßen, während das Brauchwasser über die Stadtrösche in die Häuser geleitet wurde. Die Trennung der Wassersysteme war für die damalige Zeit beispielhaft. Die Röschenleitung (3,25 km lange Eisen- bzw. Steinzeugrohrleitung mit einem Innendurchmesser von 300 mm) verlief vom Berthelsdorfer Hüttenteich bis zum Hochbehälter an der Berthelsdorfer Straße/Stollnhausweg. Der Hochbehälter faßte damals ca. 1140 m3 und besaß im gefüllten Zustand eine Wasserspiegelhöhe von 433 mm NN. Das Brauchwasser sollte nur für gewerbliche und öffentliche Zwecke verwendet werden. Für das Trinkwasser wurden folgende ehemalige Leitungen zusammengefaßt: 1. Kannegießerleitung mit dem Kannegießer-, Braunschen, Planerschen und Lindnerschen Quellwasser, 2. Fischbornleitung und 3. Niklasbornleitung und in einen Hochbehälter geleitet. Das Wasser der Asphaltröhrleitung besaß nur einen Hauptsammelschrot. Die Ergiebigkeit der Trinkwasserleitungen ließ im Laufe der Jahre nach, so daß 1894-98 die Quellen neu gefaßt werden mußten. Das Trinkwasser wurde regelmäßig auf die Qualität hin untersucht und die Wässer als "einwandfrei und gut" analysiert. Im Wasserversorgungssystem waren leider noch drei wesentliche Mängel vorhanden: 1. die höhergelegenen Häuser hatten entweder nur einen geringen Wasserdruck bzw. überhaupt keine Wasserversorgung (z.B. Schützenhaus mit 444 m NN). 2. das Trinkwasser mußte von der Straße geholt werden 3. das Brauchwasser hatte nur Teichwasserqualität, d.h. im Sommer war es oft sehr trüb, durch organische Verbindungen (Huminstoffe) braun gefärbt und nicht bakterienfrei. | |||
Einheitliche Trinkwasserversorgung um 1900 | |||
Auf Grund der obengenannten Mängel war es notwendig, die Wasserversorgung neu zu projektieren. Der damalige Ingenieur Henochsberg schlug 7 Varianten zur einheitlichen Trinkwasserversorgung der Stadt vor, wobei das sogenannte " Gimlitztalprojekt " vom Stadtrat 1902 angenommen wurde. Aus den damaligen unbesiedelten wasserreichen Tälern der Gimlitz, oberhalb der Ortschaften Burkersdorf und Dittersbach bei Frauenstein, wurden Quellfassungen angelegt und das Wasser über Rohrleitungen (die 5 m tief in der Erde lagen) zu einem Hauptsammelschacht geführt. Daran schloß sich eine 17,23 km lange gußeiserne Wasserleitung über Lichtenberg, Berthelsdorf nach Freiberg an. Das abgeführte Wasser wurde in einen neugebauten Hochbehälter geleitet. Der Wasserspiegel betrug jetzt 441 m NN. Vom Hochbehälter führten zwei Fallrohre (325 mm Innendurchmesser)in das ehemalige Brauchwassernetz der Stadt. Nach anfänglichen kräftigen Spülen der Brauchwasserleitung besaß jetzt jedes Haus eine eigene Trinkwasserversorgung. Daneben wurden die Quellwasserfassungsanlagen im Hospitalwald erweitert und saniert. Dieses Wasser wurde ebenfalls dem allgemeinen Trinkwasserrohrnetz zugeführt. Die früheren, auf der Straße aufgestellten Druckständer für das Trinkwasser wurden geschlossen. Im Frühjahr 1904 begann die Baumaßnahme und bereits am 5.12.1904 konnte das neue Trinkwassersystem der Stadt Freiberg in Betrieb genommen werden. Nach Berichten war die Bevölkerung anfangs sehr zufrieden, doch leider stellten sich im Laufe der Zeit auch hier wieder zwei Nachteile heraus: Da das Wasser sauerstoff- und kohlensäurehaltig war, korrodierten die in den Haushalten verwendeten Bleirohre und man fand in den Wasseranalysen geringe Bleigehalte. Die städtische Gesundheitsbehörde empfahl deshalb, vor dem Genuß von Trinkwasser 1-3 Liter Wasser ablaufen zulassen. Zur Erinnerung wurden Blechschilder an die Haushalte ausgegeben. Später wurden die Bleirohre durch ummantelte Zinnrohre ausgetauscht. Der 2. Nachteil war die langsame Verockerung der Hauptleitung mit Eisenoxihydrat. Der innere Rohrquerschnitt verengte sich, wodurch sich die Ergiebigkeit des Trinkwassers verringerte. Besonders betroffen waren die höhergelegenen Stadtgebiete Freibergs entlang der Chemnitzer Straße. Zur Abhilfe nutzte man wieder verstärkt die Quellen im Hospitalwald; führte das Wasser in den 1907 erbauten Wasserturm (35m hoch, 100 m3 Fassungsvermögen). Damit war auch die Trinkwasserversorgung der seit dem 1.10.1908 stationierten Soldaten (3. Bataillon vom 177. Infanterieregiment) gesichert. |